Im aktuellen Video liefert nextmove einen Rundumschlag in allen relevanten Test-Disziplinen im Bezug auf die Wintertauglichkeit des Tesla Model 3 Standard Range+ aus chinesischer Produktion. Tesla hat 2020 rund 15.000 Model 3 in Deutschland ausgeliefert, davon ca. 70% mit der großen Batterie und Allradantrieb. 30% waren die Basis Standard Range+ mit Heckantrieb und kleiner Batterie. Im Dezember lag der Anteil sogar bei 40%. Denn diese Variante kam zum ersten mal aus Chinesischer Produktion mit einer anderen Akku-Technologie und die Autos wurden mit einer zusätzlichen Preisreduktion von 3.000 Euro angeboten. Man könnte das Auto auch Volks-Tesla nennen, denn es kostet seit der letzten Preissenkung für alle Neubesteller “nur noch” 35.000 Euro nach Förderung.
Aktuell kursieren verschiedene Videos und Forenbeiträge zu diesem Auto im Netz. Viele Nutzer sind unzufrieden und fühlen sich von Tesla allein gelassen und getäuscht. Mit dem Video will nextmove mit geballten Experten-Know-How für Aufklärung und Einordnung sorgen. Geschäftsführer Stefan Moeller hat das Auto über sechs Wochen intensiv getestet und dabei über 1000 Testkilometer zurückgelegt. Sein Fazit: “So krasse Testergebnisse hat uns bisher kein anderes Elektroauto geliefert.”
Das Video zeigt Vor- und Nachteile dieser Akku-Technologie, denn es geht nicht nur um Tesla – auch andere Hersteller setzen in Zukunft auf diese Akkus. Es wird gezeigt, warum Lithium-Eisenphosphat-Akkus technisch eine besondere Herausforderung für alle Hersteller sind!
Folgende Fragestellungen stehen im Fokus:
- Wie gestalten sich die Probleme mit nutzbarer Kapazität, Reichweite und Verbrauch im Winter?
- Woher kommen die hohen Ladeverluste?
- Warum Laden die Autos am Supercharger manchmal so langsam?
- Wie “ticken” diese Autos und mit welchen Strategien arbeitet Tesla gegen die Kälte?
- Was muss man tun, damit das Auto schnell lädt?
- Wann sollte man im Alltag die Batterie vorheizen?
- Wie verhält sich das Auto nach dem jüngsten Software-Update?
- Was sagt Tesla dazu und wie werden Kunden bei Kauf und Nutzung informiert?
Dabei geht nextmove hart mit Tesla ins Gericht, zeigt aber betroffenen Tesla-Fahrern auch einen ersten Silberstreif am Horizont! Außerdem wird aufgelöst, welchen Akku Kunden bekommen, die heute ein Tesla Model 3 Standard Range+ bestellen.
Was sagen die Kunden zum Model 3 aus China?
Der äußere Zustand dieser Autos ist das beste, was Tesla jemals gebaut hat. Lack, Spaltmaße und Verarbeitung sind innen und außen Top. Auch das Fahrverhalten und die Innengeräusche sind gut. Trotzdem sind viele Kunden massiv unzufrieden und äußern sich in sozialen Medien zu Akku, Reichweite und Aufladen:
- “Also ein bisschen Ernüchterung ist eingetreten. Mit 90% Akku nur 160km weit gekommen.”
- “Momentan 29kW Ladeleistung bei 26%. Das ist viel zu wenig.”
- “Habt ihr Hilfestellung? Mein Model 3 lädt ausschließlich bis 80%.”
- “Den Akku gestern auf 10% gefahren, über Nacht an der Schukosteckdose geladen. Bei 68% wurde der Ladevorgang abgeschlossen.”
- “Hatte vorhin noch 45% und 8 Stunden später nur noch 21%. Ich will doch dieses Auto nur verstehen.”
- “Nervt mich langsam echt, dass die Kiste so langsam lädt… So hab ich mir das nicht vorgestellt”
- “Das ist einfach großer Mist. Meine Frau war bedient: „das hattest du mir vor dem Kauf aber anders erzählt“.
- “Ein unbrauchbarer Haufen Müll ist das. … Tesla sagt, es sei alles normal und in Ordnung. Für mich unbrauchbar und inakzeptabel.”
Gar Liegengeblieben ist ein nextmove-Zuschauer. Sein Auto sprang auf der Autobahn innerhalb von 2 Minuten von 14% auf 0% Ladestand und hat sich abgeschaltet. Er konnte nur noch ausrollen und wurde per Abschlepper zum Supercharger gefahren.
Von Tesla gibt es zu den Problemen keinerlei Informationen. Viele haben sich mit dem Auto ihren persönlichen Tesla-Traum erfüllt und mehr Geld investiert, als sie es zuvor jemals für ein Auto ausgegebenen haben, auch wenn es “nur” die Basis ist. Langstreckentauglichkeit durch schnelles Laden und einfache Bedienung ist das zentrale Produktversprechen von Tesla, dass sich bisher auch auf die Einstiegsmodelle bezog. Möglicherweise ist das jetzt anders. Wie schlecht ist das Auto wirklich oder ist das alles nur ein großes Missverständnis?
nextmove bietet Testflotte für Alle
nextmove ist Deutschlands führende Vermietung von Elektroautos. Mit knapp 400 Fahrzeugen, darunter 40 Tesla, bietet das Unternehmen an 12 Standorten jährlich tausenden Kunden die Möglichkeit für einen persönlichen Alltagstest mit verschiedenen E-Autos. Die meisten Kunden sind begeistert und die Entscheidung über den Antrieb des nächsten Autos ist mit einer Miete meist schnell gefallen. Im Einzelfall stellen aber Kunden auch fest, dass der eigentliche Favorit unter den Modellen nicht das persönliche Anforderungsprofil erfüllt – so wurde durch eine Miete zumindest ein ärgerlicher Fehlkauf verhindert.
Was sagt Tesla zur neuen Akku-Technologie
Die Probleme der Kunden mit den neuen Autos betreffen ganz klar den Akku und die Software. Eigentlich beides Themen, bei denen Tesla eine Vorreiterrolle inne hat und trotzdem läuft´s bei diesem Modell nicht rund. Nun könnte man meinen, es gibt doch Datenblätter und Kataloge, da soll doch jeder bitte vorher mal lesen, was er bekommt und soll sich nicht hinterher beschweren.
Bei Tesla ist das nicht so einfach. Prospekte, Preislisten und technische Datenblätter gibt es nicht. Auf der Homepage werden nur grobe Daten gezeigt. Eine echte Leistungsangabe gibt es nicht. Auch zur Batteriekapazität gibt es bei Tesla keine Informationen vor dem Kauf. Auch zum zentralen Kaufargument Schnellladen gibt es bei Tesla keine Werksangabe!
Das war vor einigen Jahren noch anders. Denn schnelles Laden ist ja bei Tesla ein Software-Feature, dass sich im Lebenszyklus eines Fahrzeuges nach Belieben des Herstellers ändern kann. Tesla legt sich daher bei den Daten nicht mehr fest, um sich später nicht daran messen lassen zu müssen. Auf der Homepage heißt es dazu lediglich: “Bis zu 275km in 15 Minuten Nachladen.” Diese Aussage bezieht sich natürlich auf den großen Akku unter Idealbedingungen. Wie schnell die kleinen Akkus laden, erfährt der Kunde nicht.
Aber was für einen Akku hat mein Auto überhaupt? Dazu gibt die Bedienungsanleitung Auskunft: “Flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie”. Das kann natürlich alles sein. Kein Zelltyp. Keine Kapazitätsangabe. Nichts. Der Kunde kauft das Auto quasi blind im Vertrauen auf Reichweite und Beschleunigung. Aber soll der Akku nicht eigentlich eine Verbesserung sein? Ja. In vielen Punkten ist das auch so. Das Datenblatt des Tesla-Akkus ist natürlich Geheimsache. Die Zellen werden zugeliefert von CATL, einem der Zell-Marktführer aus China. Aber vergleichbare Akkus gibt es schon viele Jahre und vieles ist bekannt.
Allgemeine Vorteile von LFP-Zellen:
- Eine hohe Anzahl an Lade-Zyklen, bis zu 10.000 sind möglich, d.h. der Akku sollte das Auto bei weitem überleben. Mehr als zwei Millionen Kilometer sind möglich.
- Ein breiter Temperaturbereich, hohe Belastbarkeit und gute Schnellladefähigkeit von theoretisch bis zu 150 Kilowatt im Model 3.
- Die geringe Gefahr für thermisches Durchgehen, darunter versteht man eine Selbstentzündung die durch übergreifen auch Nachbarzellen zur Kettenreaktion wird.
- Ein hoher elektrischer Wirkungsgrad für einen Gesamtzyklus aus Ladung und Entladung von zusammen größer 91 %.
- Geringe Selbstentladung im Stand von circa 3 bis 5 % pro Monat.
- Bessere Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung durch den Verzicht auf Kobalt – und bei Tesla auch auf Nickel – bei zugleich einfacher Recycling-Fähigkeit.
- Und natürlich: deutlich geringere Kosten im Einkauf für den Hersteller.
Wo liegen die Nachteile und Probleme?
- Deutlich höheres Gewicht, beim Model 3 immerhin knapp 150 kg für die kleine Batterie.
- Zur Kälteverträglichkeit ist nicht viel bekannt. Einzelne Hersteller nennen -45°C als Grenze für Ladung und Entladung.
- Ein sehr flacher Spannungsverlauf beim Laden und Entladen erschwert eine Bestimmung des Ladezustands.
Schnellladen des Model 3 aus China
nextmove hat im Dezember 2020 und Januar 2021 das Model S Standard Range+ intensiv getestet. Bei allen Tests lagen die Außentemperaturen im Bereich -5 bis +5°C, meist um Null. Zunächst wurde das schnelle Laden in unterschiedlichen Szenarien untersucht. Szenario 1: Ankunft im Winterurlaub und es gibt keine Lademöglichkeit und der Fahrer will am nächsten Morgen mal schnell zum Supercharger. Szenario 2: Ein Model 3 Fahrer hat keinen eigenen Ladeplatz und will mit gelegentlichem Schnelladen den Energiebedarf im Alltag decken.
Das Auto wurde nach einer frostigen Nacht zu einem nahegelegenen Schnelllader gefahren, hat aber nicht schnell geladen. Lediglich ca. 12 Kilowatt Ladeleistung wurden erreicht, das sind weniger als 10% dessen, was das Auto eigentlich aufnehmen sollte. Soweit so schlecht.
Das ist aber bis dahin kein Problem des China-Teslas, sondern so ziemlich alle E-Autos hätten in dieser Situation so oder so ähnlich verhalten, auch die teuren Teslas oder Porsche Taycan. Im Anschluss wurde das Auto ca. 30 Minuten gefahren, und ein Tesla-Supercharger als Navigationsziel aufgenommen. Dann startet das Auto aktiv eine Vorkonditionierung der Batterie (im Winter also ein Heizvorgang) und zeigt dies dem Nutzer im Display an. Trotzdem konnte am Schnelllader nur ca. mit 30 Kilowatt Leistung geladen werden. Das führte zu den eingangs beschriebenen negativen Nutzererlebnissen, denn die Ladeleistung verharrte im Verlauf der nächsten 15 Minuten auf diesem Niveau und der gesamte Ladevorgang hätte wohl zwei Stunden gedauert.
Die passende Auswertung in der Grafik zeigt: Losfahren bei kaltem Akku mit 2 Grad führt nicht dazu, dass das Batterie-Management den Akku heizt. Die meisten deutschen Elektroautos würden in diesem Zustand den Akku heizen. Beim ersten Ladestopp mit ca. 10 Kilowatt Ladeleistung heizt er den Akku, aber schafft es in 15 Minuten nur von ca. 2 auf 5°C, ohne das sich die Ladeleistung verbesserte.
Dann Navigation zum Supercharger aktiviert die Vorheizfunktion. Diese erhitzt den Akku nach 30 Minuten Fahrt auf 13°C. Ein VW ID.3 hätte jetzt schon mit ca. 60kW geladen – das Model 3 schafft nur die Hälfte. Nach 15 Minuten Laden war der Akku dann bei 17°C, aber die Ladeleistung war mit und 30kW noch immer unbefriedigend. Für den Normalnutzer wäre an dieser Stelle vermutlich Schluss mit lustig und er wird sich an Tesla wenden.
Im nächsten Testlauf wollte nextmove den Dingen gerne auf den Grund gehen die optimale Ladekurve finden. Dafür wurde der Test erneut mit kalter Batterie gestartet. Zunächst wurde die Vorheizfunktion in der App gestartet, in der App zeigt das Auto dann ein Symbol für die Vorheizung des Akkus. Dieser Vorgang dauerte über eine Stunde bis er vom Fahrzeug beendet wurde, der Ladestand fiel von 98 auf 80 Prozent.
Dann startete Testfahrer Stefan Moeller zu einer schnellen Autobahnfahrt über ca. 120 Kilometer bei 150 km/h und wählte dabei einen Tesla-Supercharger als Navigationsziel. Das Display im Fahrzeug zeigte fast während der kompletten Fahrt eine aktive Vorkonditionierung des Akkus an. Der Akku war danach fast leer und vermutlich bei optimaler Betriebstemperatur. Die Ladeleistung lag kurzzeitig bei 120 Kilowatt, fiel aber sofort wieder ab und stabilisierte sich im Bereich von ca. 70 Kilowatt. Das Model 3 lädt damit langsamer als die Konkurrenz von VW, konkret ein ID.3 mit mittlerer Batterie.
Die nächste Grafik zeigt zunächst den Verlauf von Spannung und Stromstärke des optimalen Ladevorgangs. Was technisch versierten Nutzern auffällt ist der besondere Spannungsverlauf in Blau. Im Bereich zwischen 8 und 95 Prozent Ladestand laut Displayanzeige ist die Differenz der Spannung nur ca. 1 Volt.
Besonders spannend war bei dieser Testfahrt der Verlauf der Akkutemperatur als Basis für die hohe Ladeleistung. Die kommentierte Grafik zeigt der Verlauf über 4 Stunden Test von 2 auf 43°C.
Bei ca. 40°C Akkutemperatur hatte das Auto dann übrigens die Batterieheizung abgeschaltet. Danach ging es nur noch leicht nach oben und die Kurve flachte ab. Gekühlt wurde der Akku aber nicht. Diese Information geht nicht aus der Grafik hervor und wurde aber separat ermittelt.
Zum Vergleich wurde an einem weiteren Testtag ermittelt, wenn man das Auto ohne Vorheizen startet und keinen Supercharger als Ziel auswählt. Der Test erfolgte bei konstant 120 km/h bis der Akku leer war.
In Blau zeigt die Grafik den Heizkreis des Akkus, dieser läuft der Akkutemperatur flach mit ca. 3-5 Grad voraus. Vermutlich wurde auch hier der Akku die ganze Fahrt mit geheizt, obwohl kein Supercharger mit als Zieleingabe verwendet wurde. Möglicherweise wird dafür sogar Abwärme aus dem Motor genutzt. Am Ende dieser Leerfahrt stehen wir immerhin bei 22°Akkutemperatur, was aber noch nicht für volle Ladeleistung ausgereicht hätte.
Im Test hatte das Auto nach curca 32 Minuten hatten wir den Akku immerhin von 6 auf 75% geladen. Das ist deutlich besser als die Werte mit kaltem Akku. Aber Erwartungshaltung vieler Kunden orientiert ich an den Model 3 SR aus US-Produktion. Diese Laden in der Spitze fast 175 Kilowatt, die 100 Kilowatt werden erst bei ca. 45 Prozent Ladestand unterschritten. Das ist schon eine andere Welt… Für das Testfahrzeug gab es kurz vor Redaktionsschluss noch ein Software-Update, dass Verbesserungen brachte. Diese finden im Fazit des Tests Berücksichtigung.
Weiter fand nextmove noch spannend: Was kostet so ein Vorheizvorgang wenn ich ihn voll durchlaufen lasse? Dazu zeigen wir nochmal die Heizleistung über die Zeit. Fast 75 Minuten zieht das Auto 6-9 kW aus dem Akku und und heizt ihn damit auf 22°C. Diese Akkupflege kostet einmalig ca. 3 Euro, aber das Auto hatte ja auch während der Fahrt noch weiter geheizt. Insgesamt braucht man also grob 2h Fahren oder/und Vorheizen und ich schätze ca. 5 Euro an Wärme-Investition in den Akku bei unseren Temperaturen im Test.
Da wäre es doch schön, wenn der Akku nicht nur Strom, sondern auch die Wärme eine Weile speichert, damit der Nutzer am nächsten Tag nicht so viel Energie verballern muss um ordentlich schnell zu laden. Hier muss nextmove die Hoffnungen leider enttäuschen. Am nächsten Morgen war der Akku wieder von über 40°C auf 5°C ausgekühlt.
Reichweite und nutzbare Batteriekapazität
Die Reichweite ist zwar im Alltag nicht immer so wichtig, aber für viele Kunden ein entscheidendes Kaufkriterium. Und wenn man die eingangs erwähnten Kommentare von Kunden sieht, dann liegt auch bei diesem Thema einiges im argen. Also hat´s nextmove getestet. Dafür wurde das Auto in zwei kompletten Testzyklen zunächst voll geladen und dann auf 0% Bordcomputer-Anzeige leergefahren. Die Tests fanden bei trockener Straße und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf einem flachen Autobahnrundkurs um Leipzig statt. Die Ergebnisse beider Testfahrten waren nahezu identisch und lagen bei 230km Reichweite. Nextmove schätzt, dass im Sommer 30% höhere Reichweiten möglich sind.
Auffällig war bei beiden Testfahrten eine geringe Nettoentnahme aus dem Akku – der Bordcomputer zeigte 44 bis 46 kWh Entnahme an. Im Fahrzeugschein sind 55kWh eingetragen. Die Frage, ob dieser Wert brutto oder netto ist, lies die Tesla-Pressestelle auf nextmove-Anfrage unbeantwortet. Vergleichbare Werte für neue Tesla Model 3 aus US-Produktion liegen im Bereich 51-52 kWh Entnahme laut Bordcomputer. Die Ursache der Differenz von 5-7 kWh zum Testfahrzeug erläutert nextmove in einem späteren Teil des Videos.
Kein heimliches Übergewicht beim Tesla Model 3
Auf Basis von Abweichungen bei vorangegangenen Tests, z.B. mit einem Audi etron 55 quattro, der auf der Waage 120 kg Übergewicht offenbarte, hat nextmove auch das Tesla Model 3 aus China nachgewogen. Auf der Tesla Homepage steht ein Gewicht von 1.745 kg, diese Angabe ist ohne Fahrer. Die Waage im Test zeigte 1760 kg. Insofern alles ok. Kein heimliches Übergewicht, denn im Auto lagen die Ladekabel und das Testfahrzeug war zusätzlich mit einer AHK ausgestattet. In den Papieren eingetragen wird das Gewicht inklusive Fahrer, bei unserem Testwagen 1.825-38 kg. Die zulässige Gesamtmasse liegt bei 2139 kg. Das macht ca. 300 kg Zuladung.
Vampir-Verluste und Ladeverluste
Der Begriff Vampir-Verlust ist eigentlich ausschließlich mit Tesla verbunden ist. Er bezeichnet die Eigenverluste des Fahrzeuges im Stand. Man muss klar sagen, dass Tesla in dieser Disziplin in einer eigenen Liga spielt. Wohl kaum ein anderes Serien-E-Fahrzeug verbraucht bei Nichtnutzung so viel Strom. Was sagt Tesla selbst dazu?
Ein Blick in die Bedienungsanleitung zeigt die Angabe von 1% pro Tag, wobei Herstellerangaben ja meist den optimalen Fall beschreiben. Auch Tesla verweist auf Sonderfaktoren. Im Test waren es im Verlauf einer Woche Nicht-Nutzung 14 Prozent also 2 Prozent pro Tag. Je nach Software-Stand und Nutzung der digitalen Dienste wie Wächtermodus oder App-Abfragen, kann dieser Wert natürlich in beide Richtungen abweichen.
Bei 2 Prozent pro Tag sind das ca. 100 Euro Stromkosten im Jahr. Zum Vergleich: 100 Euro im Jahr entspricht ungefähr der Grundgebühr im Ladetarif bei VW, um bei IONITY für 30 Cent/kWh laden zu können. Zum Vergleich liefert auch Volkswagen eine Quelle und zeigt im ID.3 First Mover Club ein Dokument, dass 1-2 Prozent pro Monat an Standverlusten ausweist.
Die Vampirverluste landen natürlich nicht auf der Verbrauchsanzeige im Bordcomputer. Für die Ermittlung der Ladeverluste sollte diese Größe daher ausgeklammert werden. Folglich wurde das am Stück möglichst von 100 auf 0% leerfahren und dann Aufladen der Energiebedarf nachgemessen. Im ersten Versuch zeigte sich eine Entnahme laut Bordcomputer von 43,74 kWh. Nachgeladen an einer 11 kW-Station mit geeichtem Zähler direkt an der Entnahmestelle 52,12 kWh, laut Fahrzeug 51 kWh.
Auf Basis der geeichten Anzeige liegt der Mehraufwand bei bei 8,38 kWh – das sind mal eben satte 19,2 % Verluste. Das ist kein guter Wert. Effiziente Fahrzeuge kommen in dieser Disziplin auf Werte von 8-13 %.
Noch zum Verständnis zu “Ladeverlusten”: nextmove konnte die Verluste beim Ladevorgang nicht messen oder berechnen. Erfasst und gezeigt wurden die Abweichungen zwischen der Verbrauch lt. Bordcomputer und dem Bezug an der Ladestation und damit dem, was am Ende wirklich verbraucht wurde und bezahlt werden muss. Sogar die vorausgegangene Fahrgeschwindigkeit hat einen Einfluss auf die Werte, diesen Zusammenhang hatte nextmove in früheren Tests gezeigt.
Warum hat das Model 3 so hohe Verluste von 19%? Hat Tesla etwas ineffiziente Technik verbaut? Die Antwort von nextmove ist NEIN. Die Ursache liegt darin, dass der Testkandidat die Kälte nicht so mag. Der Ladevorgang erfolgte nicht direkt nach der Leerfahrt, sondern es war eine Nacht Standzeit dazwischen. Nextmove wollte ja das Auto an seine Grenzen bringen, um neue Erkenntnisse zu liefern.
Und was passiert über Nacht? Der Akku kühlt wieder aus, im konkreten Fall von 23 auf 3°C und erst danach wurde der Ladevorgang gestartet. Kalter Akku heißt höherer Innenwiderstand. Das verschlechtert die Effizienz nicht nur beim Fahren, sondern natürlich auch beim Laden. Und es ist beim Laden noch was kurioses passiert.
Das Model 3 heizt erstmal den Akku. Eigentlich unsinnig, denn beim Normalladen ist ja der Nutzeransatz eigentlich “Ich bin gekommen um zu bleiben.”, das heißt die Ladezeit ist anders als am Supercharger relativ egal. Aber offenbar will Tesla den Akku nicht so kalt laden. d.h. geladen hat er schon, aber zunächst mit geheizt.
Das Auto hat sich laut Anzeige an der Ladesäule mit ca. 11 kW bedient, aber davon landen circa 35 Minuten lang nur ca. 7 kW im Akku und 4 kW nimmt er zum Heizen. Hat er wirklich geheizt? Auch das wurde geprüft. Die Akkuheizung in dieser Zeit hoch auf ca. 27 Grad und der große schwere Akku zieht träge nach auf ca. 12 Grad. Dann schaltet die Heizung ab und die 11 kW landen komplett im Akku.
Was heißt das für unseren kompletten Ladevorgang? Die Verluste für die zusätzliche Heizvorgang lagen bei ca. bei 2,3 kWh. Hätte man das Auto aber direkt nach dem Fahren mit dem warmen Akku geladen hätten, wären die also nicht angefallen. Korrigiert man die Werte entsprechend ergeben sich 13,9 % Ladeverluste – für Winter ist das absolut in Ordnung. Im Sommer sind sicher 10 % möglich.
Für einen zweiten Ladetest wurde das Auto erneut von 100 auf 0% gefahren. Entnahme laut Bordcomputer 45,63 kWh. Geladen wurde dann mit dem Tesla-UMC, also das Notladekabel für Haushaltssteckdosen. Das Gerät kann eigentlich mit 13A laden, das wären ca. 3 kW. Das kann aber so manche Haushaltssteckdose zum Schmelzen bringen. Daher wurde gedrosselt auf 10A, ca. 2,3 kW. Diesmal wurde direkt auf den noch 22°C warmen Akku geladen. Der Ladevorgang dauerte ca. 24h und der Akku kühlte dabei auf ca. 7°C ab, denn die Nacht war mit -5°C sehr kalt für unsere Verhältnisse. Das Auto zeigte am Ende 53 geladene kWh.
Der Wert der Ladesäule zeigte diesmal eine höhere Abweichung zum fahrzeugwert nämlich 56,56 kWh. Das sind fast 11 kWh Ladeverluste absolut – und in Prozent satte 24 % und damit 10 %-Punkte mehr als an der Wallbox. Bei 100.000 gefahrenen Kilometer liegen die Mehrkosten fürs Schnarchladen bei ca. 500 Euro. nextmove empfiehlt daher die Nutzung einer Wallbox.
Was macht nun den Lithium-Eisenphosphat-Akku so anders und besonders?
Einerseits ist diese Technik neu für Tesla. Tesla drückt bei allen Dingen massiv aufs Tempo. Man ist hoch agil, ist bereit Risiken einzugehen. Tesla ist Meister der Software und kann jederzeit umfassend in den kompletten Fahrzeugbestand eingreifen und nachbessern. Laut einem Bericht von Inside-EVs bestätigte der Zulieferer der Zellen, nämlich CATL, dass es nur neun Monate zwischen der Ankündigung des Model 3 mit diesem Akkupack und dem Beginn der Lieferung von LFP-Zellen an Tesla dauerte. Normalerweise nehmen sich Hersteller für sowas eher 2 Jahre Zeit. Das klingt also ganz danach, als Fahren die betreffenden Kunden im “Tesla First Mover Club”.
Die Kälteempfindlichkeit wurde bisher aufgezeigt, aber es gibt noch eine zweite Herausforderung, nämlich: Woran erkennt das Auto, wie viel Strom noch im Akku ist? Gesteuert wird das von einem BMS: Batterie Management System. Einer der zentralen Schwellenwerte ist die Spannung. Die Grafik zeigt in Blau den Spannungsverlauf eines normalen Ladevorgangs an einer Wallbox.
Auffällig ist zum einen im mittleren Bereich ein extrem flacher Verlauf. An den Rändern ist dagegen der Verlauf sehr steil. Nach dem Ladevorgang fiel die Spannung ca. auf den Wert, den Sie im Ladevorgang bei 15 % Ladestand hatte und weitere 8h später lag sie noch tiefer. Wenn man sich an die eingangs zitierten Statements der Kunden erinnert, dann tappt das BMS dieser Autos am Anfang ziemlich im Dunkeln, denn offenbar hat Tesla den Autos nicht die Punkte beigebracht, wo der Akku voll ist und wo er leer ist.
Als Neukunde hat man offenbar die Wahl zwischen einem Auto, dass bei 14% Ladestand auf der Autobahn einfach abschaltet. Oder einem, dass bei 68% aufhört zu Laden. Das kalibrieren des Akkus müssen offenbar die Kunden erledigen, aber eine Info dazu oder gar eine Anleitung liefert Tesla nicht. Es sei denn, der Kunde treibt euch regelmäßig im chinesischen Facebook namens Weibo herum.
In einem Weibo-Post hatte Tesla die Besitzer aufgefordert, mindestens einmal pro Woche voll zu laden. Nicht nur das: Sie sollten immer zu 100 Prozent aufladen, wenn das Auto an der Stromquelle war. Wer Teslas Kommunikationspolitik kennt, weiß dass ein so klares Statement gegenüber Kunden nicht ohne Not erfolgt. Am steil aufsteigenden Verlauf der Spannung gegen Ende des Ladevorgangs sieht man deutlich, dass dies ein klarer Fixpunkt für das obere Ende der Kapazität für das BMS darstellt.
Im unteren Bereich ist es da schon schwieriger – erst passiert lange nicht und dann kommt plötzlich der Absturz der Spannung und damit auch der Kapazität des Akkus und eben auch der Reichweite. Und das Auto muss quasi vorher wissen, wo dieser Punkt liegt, damit es die Kilometer sauber runterzählen kann. Damit keiner liegen bleibt, hält sich Tesla an der unteren Schwelle etwas Reserve. In der Grafik sehen wir zum einen den Ladestand laut dem internen BMS des Hersteller und den Wert, den Tesla dem Kunden anzeigt.
Im nextmove-Test wurde das Auto auf 0% laut Anzeige leer gefahren, aber der interne (nicht sichtbare) wert des BMS zeigte noch 13 % Strom im Akku. Diese hohe Reserve erklärt natürlich auch die geringen Reichweiten der Kunden und warum nextmove wie zuvor gezeigt nur 44 bzw. 46 kWh aus dem Akku herausbekommen hatte. Im weiteren Verlauf wurde das Auto ca. eine Stunde mit maximaler Leistung geheizt und in dieser Zeit nochmal ca. 5 kWh aus dem Akku geholt. Dann kam die Abschaltmeldung des Fahrzeuges. Der interne BMS-Wert fiel in dieser Stunde von 15 auf 5,5 %.
Einschätzung von nextmove
Tesla ist der erste große Hersteller, der sich traut diesen Weg mit dem Lithium-Eisenphosphat-Akkus im Volumensegment zu gehen. Einzige Ausnahme BYD in China. Die ersten Schritte sind ganz offenbar nicht einfach, aber Wettbewerbe, die in günstigen Fahrzeugen ebenfalls LFP-Akkus einsetzen wollen, werden interessiert auf Tesla schauen. Tesla ist wieder Vorreiter, trotz der Kollateralschäden die wir aktuell erleben.
Wenn die Lebensdauer des Akkus hält, was man erwartet, dann ist er verglichen mit anderen quasi unkaputtbar und die Kunden bekommen ein Auto mit einer Sorglos-Garantie auf das wichtigste Bauteil. Auf dem Gebrauchtmarkt könnten die China-Kracher in einigen Jahren heiß begehrt sein, wenn nach 160.000 km die Garantie auf den Akku abgelaufen ist und die Akkus noch immer eine sehr hohe Reichweite aufweisen.
Die Zukunft dieser Akkus liegt vor allem in den Segmenten, wo es um den Preis und Solidität geht – und nicht um besondere Performance-Parameter. Das sind zum Beispiel Nutzfahrzeuge, dort ist sowieso genug Platz für einen größeren Akku da. Und Kleinwagen, die brauchen nicht so viel Reichweite und damit keinen großen Akku. Auch bei Volkswagen wird ein Einsatz der LFP-Zellen in Fahrzeugen der neuen Kleinwagen-Generation erwartet. Solche autos werden manchmal jahrelang bewegt, ohne dass der Nutzer mal Schnellladen möchte.
Teslas Model 3 mit LFP-Zellen bewegen sich nach nextmove-Einschätzung aktuell in einem “abgesicherten Modus”, d.h. erstmal Fahren und möglichst nicht liegenbleiben. Tesla sammelt Daten und wird dann über Software-Updates nachjustieren. Der Kunde erledigt teilweise die Entwicklungsarbeit für den Hersteller. Der Akku wird bei allen erdenklichen Möglichkeiten geheizt, zumindest beim Laden, aber teilweise noch nicht stark genug, um ihn im Winter zuverlässig schnell zu laden. Die Kälteempfindlichkeit wird bleiben.
Wer im Winter schnell laden will, muss hohe Verluste in Batterieheizung investieren und auch bei anderen Gelegenheiten steuert die Software ohne Einflussnahme des Nutzers die Akkuheizung. Aktuell gibt es eine verringerte nutzbare Kapazität um ein Liegenbleiben zu verhindern, damit verbunden ist natürlich auch eine derzeit verminderte Reichweite. Nextmove geht davon aus, dass sich die Autos im Zuge der Nutzung und durch Software-Updates besser kalibrieren werden. Bei steigenden Außentemperaturen werden sie – wie alle E-Autos – mehr Reichweite bieten. Und auch das schnelle Laden wird im Frühjahr besser funktionieren.
Welchen Akku bekommen aktuelle Besteller?
Dazu gab es von Tesla keine Aussage. Auf der Tesla Homepage gab es ein klares Indiz, dass auch zukünftig beim Basismodell Fahrzeuge aus China nach Deutschland kommen sollen. Denn Tesla hat in der Beschreibung des Model 3 Standard Range das Fahrzeuggewicht auf den hohen Wert von 1745kg ohne Fahrer hochgesetzt. Vermutlich erfolgte dies aber nur, um unzufriedenen Käufern vom Dezember den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Denn es geht für die deutschen Kunden weiter mit Facelift-Modellen mit bewährten Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Zellen aus den USA. Den Hinweis darauf gibt eine Liste von Bestellern die im Tesla-Fahrer-und Freude-Forum geführt wird. Die 7. stelle der Fahrzeug-Ident-Nummer steht für den Akku. Die China-Modelle haben dort ein F und jetzt steht dort wieder ein E, also Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Zellen.
Was bringt das aktuelle Update?
Dafür hat nextmove am 1. Februar einen weiteren Test gefahren und zunächst den Akku wie beschrieben auf ca. 35°C Betriebstemperatur gebracht und das Auto auf 0% Ladestand laut anzeige gefahren und dann geladen. Das Display zeigte kurz einen Spitzenwert von 153 kW Ladeleistung, also eine deutliche Steigerung. Allerding fällt die Ladeleistung wie zuvor schnell und deutlich ab.
Das Auto hatte nach 20 Minuten 50 % erreicht und Strom für ca. 150 km winterliche Autobahnkilometer nachgeladen. Insgesamt dauerte der Ladevorgang knapp über 1h und endete mal wieder bei angezeigten 91%, trotz neuer Software und warmen Akku immer noch First Mover Status. Geladen wurden ca. 50-51 kWh inklusive Verluste.