Norwegen bleibt, gemessen an den Marktanteilen, weiterhin der weltweit größte Markt für Elektroautos: Im Jahr 2019 kamen laut Norwegischem Elektroauto-Verband beeindruckende 60.316 rein batterieelektrische Elektroautos neu hinzu. Das entspricht einem beeindruckenden Plus von 31 Prozent gegenüber 2018, während der Neuwagen-Markt insgesamt um vier Prozent auf 142.381 Fahrzeuge schrumpfte.
Vier von zehn verkauften Autos waren rein elektrisch. Die E-Autos kannibalisieren vor allem Plug-In-Hybride (-27 Prozent) und Benziner (-31 Prozent). Warum auch einen Plugin-Hybrid kaufen, wenn der Nachbar seit Jahren ohne Problem rein elektrisch unterwegs ist?
Besonders häufig entscheiden sich die Norweger den Angaben des Verbandes zufolge für das Tesla Model 3, das mit großen Abstand das meistverkaufte Auto in 2019 war. Jedes zehnte neue Auto war ein Model 3. In den Top-10 der meistverkauften Autos waren aber weitere Elektroautos: Der Volkswagen e-Golf, der Nissan Leaf, der Audi e-tron, der BMW i3, der Jaguar I-Pace und verschiedene Hyundai-Modelle.
Politik soll Elektroauto-Unterstützung verstärken
Trotz dieser Erfolge ist der norwegische Elektroauto-Verband nicht zufrieden mit der politischen Ausrichtung auf Elektroautos: Während es in Deutschland mittlerweile den Masterplan Ladeinfrastruktur und eine an die NOW angedockte Stelle zur Überwachung gibt, kritisiert der norwegische Verband, dass ein umfassender Plan für die Entwicklung von Schnellladesäulen in ganz Norwegen fehlt. Außerdem – hier gibt es Parallelen zu Deutschland – werden Unterstützungsprogramme für die Ladeinfrastruktur in Wohnungsgenossenschaften und Mehrfamilienhäusern gefordert.
„Im Jahr 2020 sollten die Verkäufe von Elektroautos weit über 60 Prozent liegen“, fordert Christina Bu, Generalsekretärin der Norwegian Electric Car Association. 2025 sollen in Norwegen ausschließlich emissionsfreie Autos verkauft werden. „Daher ist es wichtig, dass die Politik jetzt in Elektroautos investiert, um das Ziel zu erreichen.“
Brennstoffzelle spielt in Norwegen keine Rolle
Und wie steht es um die Brennstoffzelle im Leitmarkt für alternative Antriebstechnologien? Sage und schreibe 29 – in Worten neunundzwanzig – Wasserstoffautos wurden 2019 zugelassen. Kurz gesagt: Elektroautos boomen, Game over für die Brennstoffzelle. Die entspricht einem Marktanteil von 0,02 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Absatz erneut halbiert. In Norwegen hat der Markt bereits entschieden, wie der Antrieb heute aussieht: nämlich batterieelektrisch.
Deutschland träumt von Wasserstoff-Autos
In Deutschland wird hingegen noch vom grünen oder gar blauen Wasserstoff als Heilsbringer nach 2030 geträumt. Wasserstoff wird ohne Frage ein zentraler Baustein bei der Dekarbonisierung des Strom-, Wärme- und Industriesektors spielen. Auch im Verkehr wird Wasserstoff zum Einsatz kommen. Immer dann, wenn besonders hohe Energiedichte gefragt ist, weil es keine Möglichkeit zum Nachladen gibt. Also in Flugzeugen und Schiffen, bei Schwerlasttransporten und natürlich Raketen. Im Individualverkehr wird es Wasserstoff aus Effizienz- und damit Kostengründen hingegen extrem schwer haben, gegen batterieelektrische Autos anzukommen.
Für die frühen 2020ern sind keine attraktiven und bezahlbaren Brennstoffzellen-Autos in Sicht. Auch das Netz für Wasserstoff-Tankstellen wächst nur in Trippelschritten. Das Angebot an Elektroautos nimmt hingegen rasant zu – auch die Ladeinfrastruktur wächst. Wenn eine flächendeckende Infrastruktur für Elektroautos besteht, wird es schwer, zu argumentieren, wieso es Wasserstoff braucht.
Das letzte Argument der schnelleren Betankung wird in kurzer Zeit ebenfalls verschwinden. Wer wird sich dann noch für ein Auto entscheiden, das teurer in der Anschaffung, im Verbrauch und in der Wartung ist. Obendrein schneidet es bauartbedingt schlechter ab bei Sicherheit, Fahrverhalten, Agilität und Platzangebot.
„Ich warte ja lieber auf Wasserstoff.“ Dieses Argument hören E-Mobilisten sehr oft. Wasserstoff ist heute vor allem eines: ein bequemes Argument für Hersteller, Verbraucher und Kommunen, sich nicht verändern zu müssen, und möglichst lange am Verbrennungsmotor festhalten zu können
2020 kommen Elektroauto-Modelle mit mehr Reichweite
In diesem Jahr werden viele deutsche Autofahrer erkennen, dass es keinen Sinn macht, auf Wasserstoff und die Brennstoffzelle zu warten. Denn in diesem Jahr kommen neue Modelle mit mehr Reichweite und hoher Ladegeschwindigkeit auf den Markt, die sowohl für Norweger als auch für Deutsche höchst interessant sind – etwa der Volkswagen ID.3, der Opel Corsa-e, der Ford Mustang Mach-e, der Polestar 2 oder der Peugeot e-208. Wir freuen uns darauf, viele tausende Menschen auf dem Weg in die Elektromobilität zu begleiten.