Tesla Supercharger Öffnung

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nextmove hat schon oft darüber berichtet, dass es irgendwann passieren wird. Und jetzt ist es soweit: Tesla öffnet seine Supercharger für andere Marken – bereits am Montag war der Start.

Das wirft natürlich einige Fragen auf:

  • Welche Fahrzeuge können bei Tesla Laden?
  • Welche Standorte sind zuerst dran?
  • Was kostet das Laden für Fremdmarken?
  • Wie funktioniert es in der Praxis?
  • Welche Probleme gibt es noch zu lösen?
  • Was sagt Tesla selbst öffentlich dazu?
  • Und was heißt das jetzt für Tesla-Fahrer?

 

Welche Fahrzeuge können jetzt bei Tesla Laden? 

Tesla schreibt dazu: “Dieses Pilotprojekt ist nur für Fahrzeuge mit CCS-Ladeanschlüssen zugänglich.” Das heißt im Umkehrschluss: alle Fahrzeuge mit CCS, dass sind fast alle Elektroautos jüngerer Bauart, schätzungsweise ca. 80% des Bestandes. Aber es gibt tatsächlich auch Einschränkungen. Tesla schreibt: “Bestimmte Supercharger-Anordnungen sind für einige Fahrzeuge möglicherweise nicht geeignet. Bitte blockieren Sie keine anderen Fahrzeuge, indem Sie über die Parkplatzmarkierungen parken, wenn das Kabel Ihr Fahrzeug nicht bequem erreichen kann.”

Bildquelle: Tesla

Und weiter heißt es bei Tesla: “Falls der Stecker nicht in Ihr Fahrzeug passt, melden Sie dies bitte dem Tesla Kunden-Support.” Diese Formulierung kann natürlich heißen, dass das Kabel zu kurz ist – aber auch tatsächlich, dass der Stecker nicht passt. Abgesehen davon, dass bei Vollbelegung wegen der unterschiedlichen Positionen der Ladeanschlüsse wohl zukünftig immer einzelne Plätze frei bleiben werden, scheint es aber bei vielen Autos gut zu passen. Auch für Autos die mittig an der Front Laden reicht das Kabel. Ein schwieriger Kandidat ist der Audi etron. Steht die Ladestation neben dem Auto dann passt es. Steht der Supercharger quer vor dem SUV, dann wird´s bei diesem Auto echt eng! Aktuell heisst es aber: Bitte nicht nachmachen. es besteht grundsätzlich die Gefahr, dass der Supercharger Euer Auto gefangen nimmt, d.h. den Stecker verriegelt.

 

Welche Standorte sind zuerst dran?

Aktuell handelt es sich um ein Pilotprojekt an 10 Standorten in den Niederlanden.

Supercharger in den Niederlanden, die für Fremdfahrzeuge zugänglich sind. Quelle: Tesla

Mitmachen dürfen aber alle Nutzer, die in den Niederlanden wohnen, also ein offenes Projekt. Wir gehen davon aus, dass Tesla sehr genau schaut was passiert und Erfahrungen sammelt. Dabei geht es nicht nur um Kompatibilitätschecks was das Ladeprotokoll angeht, sondern auch um Fragen wie: Passt die Anordnung der Ladeplätze zum Auto. Wir reagieren die Nutzer aufeinander? Wie wird das Angebot angenommen? usw… Wir gehen davon aus, dass entweder zu den Stoßzeiten auch Mitarbeiter vor Ort sind oder zumindest eine begleitende Kameraüberwachung stattfindet.

 

Was kostet das Laden für Fremdmarken?

Hier gibt es zwei Preismodelle: Spontanes Laden, also pay per use. Dort kosten die Standorte in den Niederlanden aktuell im Bereich 57 bis 62 cent pro kWh – für dortige Verhältnisse ist das nicht gerade günstig.

Die meisten Nutzer werden bei den aktuellen Preisen sicher zum ABO greifen. Dort zahlt man monatlich 12,99 € und kann dann zu den gleichen deutlich günstigeren Preisen Laden, wie die Tesla-Fahrzeuge. In den Niederlanden sind das aktuell 24-29 cent und damit deutlich günstiger als in Deutschland mit 40 cent pro kWh bei Tesla. Die Differenz zwischen beiden Tarifen liegt also bei 33 cent pro kWh bzw. rund 130% Zuschlag. D.h. nur eine Ladung mit 40kWh spielt die Preisdifferenz zum ABO ein. Das ABO ist monatlich kündbar, d.h. kann gezielt für anstehende Urlaubsfahrten gebucht werden. Tesla macht es den Nutzern also sehr einfach, das Angebot auszuprobieren. Allgemein muss man beim Thema Preise und Tesla natürlich immer sagen, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt. Es ist davon auszugehen, dass es sich hier um einen Einstiegspreis für den Testlauf handelt, um möglichst viele Fahrer zum Testen zu bewegen.  Der Monatspreis könnte sich im Laufe der Zeit in mehreren Schritten erhöhen.

Die Preise pro kWh sind ja schon heut  mehr oder weniger dynamisch, denn Tesla hat in der Vergangenheit immer wieder ohne Ankündigung oder begleitende Informationen von heute auf morgen Preise geändert und die Reaktion der Nutzer getestet. Preiserhöhungen wurden dann auch schon mal nach kurzer Zeit zurückgeschraubt, wenn der Aufschrei aus der Kundschaft zu laut war.

Unabhängig vom Tarif gilt aber die gleiche Blockiergebühr wie bei Tesla-Fahrern: Aktuell in vielen Ländern satte 1 € pro Minute, wenn das Auto verbunden am Supercharger verbleibt ohne zu laden. Also unbedingt auch das eingestellte Ladelimit im Auge behalten.

Unterstellen wir für Deutschland ein ähnliches Preismodell: Was heißt das im Wettbewerb?

Spontanes Laden ohne Vertragsbindung bei den großen Anbietern:

Tarife für Ad-Hoc-Laden bei großen Anbietern. Grafik: Nextmove

Schauen wir jetzt noch auf die Tarife mit ABO. Im Vergleich zeigen wir sowohl Tarife von Autoherstellern mit IONITY-Sonderpreisen als auch Tarife der Ladestationsbetreiber. Die Preise für Tesla-Supercharger in Deutschland sind Schätzungen auf Basis der Einführungspreise in den Niederlanden.

Außerdem zeigen wir unten in der Tabelle jeweils die resultierenden Preise pro 100 km Fahrstrecke, berechnet auf Basis eines Autobahnverbrauchs von 20 kWh/100km inkl. Ladeverlusten:

Preisvergleich für das Laden an HPC-Stationen. Grafik: Nextmove

Wir sehen: Für Vielfahrer ist der Spontan-Tarif bei Tesla genauso unattraktiv wie bei IONITY. Im ABO liege ich bei Tesla leicht über dem IONITY-Preis, habe aber den großen Vorteil, dass ich monatlich kündigen kann. EnBw liegt leicht darüber und ist in der Fläche noch nicht so gleichmäßig vertreten wie IONITY und Tesla. Für Kunden die nicht regelmäßig Langstrecke fahren, sind natürlich vor allem die monatlich kündbaren Tarife interessant, z.B. für Urlaubsfahrten.

 

Wie funktioniert das Ganze? 

Einfach die App herunterladen, Kreditkarte oder Bankverbindung hinterlegen. Dann den Stecker ins Auto stecken und das Auto lädt. Spannend wird natürlich, ob Tesla auch die marktüblichen Schnittstellen anbieten wird, damit auch andere Fahrstrom-Anbieter wie zum Beispiel Maingau oder EnBw über Ihre Dienste den Kunden Zugang gewähren können. Sehr interessiert sind sicher Flatrate-Anbieter wie JUCR oder Elvah.

 

Problem Eichrecht

Wir gehen davon aus, dass Tesla aktuell nicht eichrechtskonform abrechnet. In Deutschland ist es eine Grundvoraussetzung, dass der Verkauf von Obst, Gemüse, Benzin oder Strom nicht auf Basis von Schätzungen verkauft wird, sondern nachprüfbar korrekt ohne nennenswerte Toleranzen abgerechnet werden muss. Das gilt für euren Hausstrom, der über einen geeichten Zähler abgerechnet wird – genauso wie für Fahrstrom an der Autobahn. Tesla ist damit aber nicht allein.  Erst im Sommer berichtete die Wirtschaftswoche, dass in Deutschland noch tausende Schnelllader nicht eichrechtskonform abrechnen.

Die Übergangsfristen sind eigentlich längst abgelaufen und der Betrieb ist eigentlich illegal. Ein Abschalten ist aber offenbar nicht die Lösung, das wäre bei der Vielzahl der Stationen ein echtes Desaster und würde den Markthochlauf der Elektromobilität stark einbremsen. Die Abweichungen der aktuellen Abrechnungen liegen nach unseren Informationen deutlich unter 1%.

 

Problem 800V

Die Tesla-Supercharger unterstützen nach unseren Informationen aktuell keine 800V-Technologie. Trotzdem können die betroffenen Autos sehr wahrscheinlich alle Laden, aber nur mit der halben Leistung. Das gilt  für: Porsche Taycan, Audi etron GT, Hyundai IONIQ 5 & KIA EV6, sowie kommende Konzernfahrzeuge auf der gleichen e-GMP-Plattform.

 

Chance 400V 

Für einige Modelle von deutschen Herstellern, könnte es bei Tesla bald sogar mehr Ladeleistung geben als bei IONITY & Co. Woran liegt das? Das technische Limit bei anderen Anbietern liegt aktuell bei 500A, die Steckernorm gibt aktuell nicht mehr her. Bei Tesla gibt es aber höhere Stromstärken von ca. 600A, die es verschiedenen Fahrzeugen ermöglichen könnten, bei Tesla bis zu 25% höhere Leistungen abzurufen.

Wer sind die Kandidaten: BMW i4, BMW iX und auch kommende Modelle von BMW.

Das zeigt – genau wie Tesla verfolgen viele deutsche Hersteller aktuell auch bei kommenden Modellen noch eine 400V-Strategie und versuchen die technisch möglichen Ladeleistungen über einen langen Zeitraum zu halten. Allerdings ist zu erwarten, dass auch andere Anbieter demnächst Stationen anbieten, die 600A oder mehr ermöglichen.

 

Macht euch locker und seid nett zueinander!

Was heißt das für die Tesla-Fahrer? Zuletzt hatten wir im Juni eine Umfrage gemacht, ob Tesla die Supercharger für andere Elektroautos öffnen sollte. Rund 40% waren damals dafür, weil Tesla damit den Wandel zu nachhaltiger Mobilität beschleunigen würde. Rund 40% waren dafür, aber bitte zu höheren Preisen als für Tesla-Fahrer und rund 20% haben sich klar dagegen ausgesprochen. Viele Tesla-Fahrer fremdeln mit dem Gedanken, dass demnächst an “Ihrem” Supercharger ein Nicht-Tesla laden könnte. Und für nicht wenige ist das Supercharger-Netz das wichtigste Kaufargument. Aber wir sagen immer wieder: für Tesla steht die Mission an allererster Stelle. Und die sagt nichts über die eigenen Kunden aus.

So könnte es aussehen, wenn die Supercharger in Vw’s Ladenetzwerk WeCharge aufgenommen werden. Fotomontage: Nextmove

Daher unser Empfehlung: Macht euch locker und seid nett zueinander. Wir fahren zwar unterschiedliche Autos, sind doch aber auf der gleichen Mission. Wenn ein VW ID.3 lädt und daneben kein Tesla laden kann, dann blockiert der ID.3 keine benachbarte Ladesäule, sondern es ist von Tesla so gewollt, dass dieser Platz vorübergehend frei bleibt, bis ein Auto kommt, das den Ladeanschluss an der richtigen Stelle hat. In der Anfangsphase wird das natürlich nicht einfach. Die Leute streiten sich ja manchmal schon am Gratislader beim Discounter um jede kWh..

Aber demnächst wird es für Euch alle da draußen, egal ob Teslafahrer oder nicht, ganz normal sein, dass verschiedene Modelle bei Tesla laden können. Tesla sagt: “Es war schon immer unser Ziel, das Supercharger-Netzwerk für Elektrofahrzeuge anderer Marken zu öffnen, um dadurch mehr Fahrer zum Umstieg auf Elektromobilität zu ermutigen.” Nur hat man das bisher nicht so offen ausgesprochen, im Gegenteil: Tesla-Blogger, die im allgemeinen als sehr gut informiert gelten, hatten bis vor nicht allzu langer Zeit vehement dementiert, dass Tesla diesen Schritt geht. Aber allein die Einführung des CCS-Standard mit dem Model 3 in Europa war aus unserer Sicht ein ganz starkes Zeichen in dieser Richtung. Und genau das ist ja auch der Grund, warum man in Europa vergleichsweise einfach starten kann.

In den USA passen die Tesla-Stecker nämlich nicht in andere Autos. Dort müsste man mit Adaptern arbeiten oder das Netzwerk wie in Europa auf 2 Stecker umrüsten. Wir hatten kürzlich über das geplante Deutschlandnetz gesprochen. Dort scheint es nicht ausgeschlossen, dass es noch vor dem Start Klagen von Wettbewerbern gibt und das Projekt ins Stocken bringt. Vielleicht muss ja Tesla dann die Versorgungslücke schließen. Aktuell gibt aber auch EnBW in Deutschland Vollstrom. Fast wöchentlich gibt es Meldungen zu großen neuen Ladeparks.

IONITY scheint fast im Tiefschlaf. Auf der Homepage steht, dass man 400 Stationen aufbauen will und aktuell 379 bereits geschafft sind. Was kommt danach? Mission etwa schon erfüllt? Keineswegs: wir gehen davon aus, dass man sehr bald die nächste Stufe zünden wird. Die US-Investmentgesellschaft Blackrock hat sich jüngst mit einer halben Milliarde Euro an Ionity beteiligt.  Aber natürlich will und muss Tesla auch die Bestandskunden auf dieser Mission mitnehmen. Tesla wird stauanfällige Supercharger wohl nicht für andere Autos öffnen. Es erfolgt als nur eine Freigabe ausgewählter Standorte. Das kann sich auch jederzeit ändern, für Tesla ist das ein klick im Backend oder es erledigt sogar die künstliche Intelligenz. Auf der Tesla-Karte gibt es jetzt auch ein neues Symbol für die freigegebenen Supercharger und den Nutzern anderer marken werden in der App natürlich nur die zugänglichen Stationen angezeigt.

 

Wir wagen einen Ausblick: was wird alles passieren und welche Probleme noch gelöst werden müssen:

Ein Großteil hängt natürlich davon ab, wie die Tests in den Niederlanden verlaufen. Zu Beginn wird es Fahrzeuge geben, die nicht laden können, oder Ladeabbrüche zeigen. Bisher gab es sowas bei Tesla zu 99,9 % nicht – man kennt nur aus der Umstellung der Supercharger auf CCS zu Beginn des Jahres 2019.  Aber Tesla ist jetzt in der Realität angekommen und muss sich der Diversität in der Umsetzung des Ladeprotokolls stellen – also den gleichen Herausforderungen wir alle anderen Hersteller auch. Tesla wird zukünftige Standorte in der Stellplatzanordnung noch flexibler planen. In guten Lagen kostet jeder Quadratmeter bares Geld, aber auch E-Autos mit Anhängern wird es in Zukunft immer mehr geben. Etwas mehr Flexibilität wird das ganze entspannen.

Tesla wird seinen CCS-Stecker in der Passform minimal nacharbeiten und das Kabel an den Stationen verlängern. Tesla wird das dynamische Pricing ausrollen. Denkbar sind Preisunterschiede für bestimmte Wochentage oder Tageszeiten, einzelne Standorte oder auch die Sperrung von Standorten für Fremdfahrzeuge.

Dynamische Preise an einem Supercharger in Schweden

Keine Prognose wagen wir aktuell bei 2 Dingen:

  1. Wann tesla das Eichrecht ausrollt.
  2. Ob Tesla anderen anbietern Schnittstellen zur Einbindung in andere Apps anbieten wird

Es wird also sehr spannend, welche Kenntnisse Tesla aus dem Pilotprojekt in den Niederlanden gewinnen wird. Die Erfahrungen aus diesem Test werden maßgeblich für alle weiteren Supercharger-Öffnungen in anderen Ländern sein.

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