Der steinige Weg zur (Haus-)Gemeinschafts-Ladesäule

Die meisten Ladevorgänge werden zuhause durchgeführt. Das ist aber in der Praxis nicht Allen möglich, obwohl die rechtlichen Grundlagen oftmals vorliegen. Insbesondere bei Mehrparteienhäusern und wenn man sich dafür entscheidet, diese auch für Andere öffentlich zugänglich machen zu wollen. Diese Erfahrung musste auch Frank aus Holzgerlingen machen. An dieser Stelle präsentieren wir einen Gastbeitrag von ihm, in dem er seine Erfahrungen schildert.

Warum ich denke, dass meine Erfahrung relevant ist? Weil sie beispielhaft zeigt, wie es Bürgern, Mir, durch Regeln und Gesetze unmöglich gemacht wird, an der Verkehrswende sinnvoll teilzunehmen und wie dadurch die Akzeptanz für Elektromobilität sinkt. Der Klimawandel allein ist kein ausreichender Pull-Faktor. Für den Bürger ergibt sich ohne Sondereffekte – zum Beispiel geringere Dienstwagenbesteuerung – kein wirtschaftlicher Vorteil aus der E-Mobilität.

Foto: Frank

Mein Vorhaben: Errichtung einer 20-kWp-PV-Anlage auf unserem Mehrfamilienhaus und Verwendung eines Teils der Energie, um an einer öffentlichen Ladesäule Fahrzeuge laden zu können. Die Anlage ist fertig und mit 24-kW-Speicher und einer eichrechtskonformen, OCPP-fähigen Wallbox ausgestattet. Jedoch darf der 11-kWp-Ladepunkt nicht in Betrieb gehen und ich darf mein Dienstfahrzeug nicht an der Ladestation laden. Daher ist die Investition derzeit vergeblich und eine Fehlinvestition. Wie kann das sein? Hier die Story:

Nach Errichtung der PV-Mieterstrom-Anlage wurde mir bewusst, dass ich mit meiner Mieterstrom GbR mittels öffentlicher Ladesäule keinen Strom an Kunden außerhalb des Hauses abgeben darf. Ich habe daher in meiner Gemeinde Holzgerlingen eine Gewerbeanmeldung zu Betrieb einer öffentlichen Ladesäule an unserem Mehrfamilienhaus gestellt. Dieser Antrag wurde abgelehnt und in Kürze zusammengefasst, begründet die Gemeinde die Ablehnung mit der Existenz einer Stellplatzsatzung von 1996, die einen Stellplatzschlüssel von 1.5 Stellplätzen pro Wohneinheit vorsieht. Die Gemeinde schrieb „der Umwidmung eines dem privaten Wohneigentum zugeordneten Stellplatzes zu gewerblichen Zwecken kann nicht genehmigt werden“.

Foto: Frank

In einem Gespräch sagte mir der Bürgermeister, er werde die Stellplatzsatzung kompromisslos durchsetzen und es werde in unserer Stadt keine Anrechnung von Ladeinfrastruktur auf den Stellplatzschlüssel oder eine finanzielle Kompensation (Ablasshandel) geben, auch wenn die Landesbauordnung dies erlaubt. Das Resultat ist, dass es in unserem Ort keine Ladeinfrastruktur in Wohngebieten gibt, außer wenigen Ladesäulen eines Car Sharing Unternehmens. Diese Plätze sind aber praktisch durchgehend von den Car Sharing Fahrzeugen belegt. Für meine Überlegungen zum Laden meines Elektrofahrzeuges spielen diese Ladesäulen keine Rolle. Lediglich in der Ortsmitte unterhalten einige Gewerbetreibende Ladesäulen auf Kundenparkplätzen und verdienen sich an hohen Ladestromgebühren ein lukratives Zubrot. Die Fahrer von BEVs werden dadurch zur Stoßzeit in HPC-Ladeparks an den Hauptverkehrsstraßen und in Gewerbegebiete oder an Supermärkte gezwungen. Dies belastet die Netze stark. Die Ladestromkosten sind dabei nur erträglich, wenn der Arbeitgeber die 79 Cent bezahlt.

Foto: Frank

Warum nun eine öffentliche Ladesäule an unserem Haus und nicht einfach eine hausinterne Abrechnung? Nun ist es so, dass sich Verwaltungen oder Privatpersonen, die eine nicht-öffentliche-Ladeeinrichtung anbieten wollen, mit der Administration – also der Erfassung von Nutzern und Ausgabe von Ladekarten – und der Abrechnung der Kosten des Ladestromes schwertun. Sei es für Kunden aus der Wohneigentümergemeinschaft, die als nicht-öffentlich gelten, oder auch für Nachbarn in fußläufiger Entfernung und allgemein Besucher, Handwerker, Pflegedienste, die einen Bedarf an Ladestrom haben. Dies kann eigentlich nur durch einen spezialisierten Dienstleister, der die Abrechnung erstellt und die Beträge einzieht, erfolgen. Damit wird die Ladesäule öffentlich und der Betrieb erfordert eine Gewerbeanmeldung. Dies betrifft auch sogenanntes „Wallbox Roaming“ wie es zum Beispiel von der Firme ChargeIQ angeboten wird.

Die monatlichen Kosten des Ladepunktes sind signifikant. Oft um die 100 Euro pro Monat ohne Abschreibung. Denn das Zugangsmanagement mit RFID-Karten zu administrieren ist aufwändig und kann nicht durch die geringen Umsätze finanziert werden, die sich aus einigen wenigen Fahrzeugen innerhalb des Quartiers ergeben. Zudem sind die Kosten für die Installation einer eichrechtskonformen und OCPP-fähigen Wallbox, wie sie für eine Abrechnung erforderlich ist, sehr hoch. Rund 6.000 Euro fallen pro Stellplatz an. Diese Investition betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen, ist für kleinere Eigentümergemeinschaften praktisch unmöglich. Deswegen lehnen viele Eigentümergemeinschaften diese Investitionen ab und Verwalter verweigern die Abrechnung. Kommerzielle Anbieter wie Shell, Aral, Ionity oder EnBW konzentrieren sich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur auch auf HPC-Lader in Industriegebieten und an den großen Verkehrswegen. Wenn mit über 100 kW geladen wird, ist die abgegebene Energiemenge am Tage hoch. Durch den Zeitvorteil beim Laden sind Nutzer, besonders die, die den Strom nicht selbst bezahlen müssen und beispielsweise eine Ladekarte des Arbeitgebers haben, gerne bereit, diese HPC-Säulen zu nutzen. Daher entsteht in den Wohnquartieren keine fußläufige Ladeinfrastruktur, insbesondere, wenn die Gemeinden wie in meinem Fall jede Initiative aus der Bürgerschaft unterbinden.

Ausschnitt der Deutschlandkarte der Bundesnetzagentur

Dies führt dazu, dass große Teile der Bevölkerung von Elektromobilität ausgeschlossen werden. Denn eine dichte Ladeinfrastruktur ist die Voraussetzung von Elektromobilität im Massenmarkt. Es ist auch leicht zu zeigen, dass weite Bevölkerungsgruppen, die über keinen oder nur geringen finanziellen Spielraum verfügen, keinen ökonomischen Vorteil aus der Elektromobilität ziehen, aufgrund von teuren Fahrzeugen, hoher Wertverlust und teureren Ladestrom als Diesel. Diese Form der Mobilität bleibt Dienstwagenfahrern, durch eine geringere Besteuerung des Listenpreises und Ladekarten des Arbeitgebers, und Eigenheimbesitzern mit PV-Anlage, wegen geringer Ladestrompreis, vorbehalten. Da diese Bevölkerungsgruppen aber nur eine geringe einstellige Prozentzahl umfassen, kann davon ausgegangen werde, dass Elektromobilität ein Nischenmarkt bleibt. Die Investitionen, die derzeit im Bereich des Deutschlandweiten DC-High-Power-Ladenetzwerkes erfolgen, werden aber mit den wenigen BEV-Fahrzeugen nicht profitabel zu betreiben sein, denn der Zubau orientiert sich an dem Ziel von 15 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2030. Ich bezweifle, dass diese Zahl auch nur annäherungsweise erreicht wird. Warum werden die Entscheidungen nun so gefällt? Wenn mir der Bürgermeister Holzgerlingens erzählt, dass er einen Hybrid fährt, zu Hause lädt und daher weiß, dass sieben Ladesäulen für 14.000 Einwohner absolut ausreichend sind, dann wundert mich seine Entscheidungen nicht.

Auch in unserer Firma wurde die Erlaubnis, die einzige Ladesäule von 760 Mitarbeitern nutzen zu können, von der neuen Geschäftsleitung zum Jahresende zurückgenommen. Von den fünf Geschäftsführern fahren zwei Hybrid und drei Diesel oder Benziner. Ein Ausbau von Ladeinfrastruktur durch meinen Arbeitgeber ist da nicht zu erwarten. Die Firma schreibt weiter vor, dass ich nicht privat Ladestrom abrechnen darf und eine öffentliche Ladestation eines Roamingverbundes wie Shell, Aral oder DKV nutzen muss. Damit darf ich nicht an der Ladestation an unserem Mehrfamilienhaus laden und netzdienlich PV-Strom laden. Beziehungsweise bekomme ich den Strom nicht erstattet. Damit würde ich meine Dienstfahrten privat bezahlen. Wenn ich das nicht will, muss ich zweimal wöchentlich den HPC am lokalen Supermarkt nutzen. Dieses Laden erfolgt dann im Anschluss an meinen Arbeitstag in der Zeit zwischen 17 und 19 Uhr.

Schlussfolgerung: In unserem Haus mit sechs Parteien und etwa 14.000 kWh jährlichem Stromverbrauch versorgt die PV-Anlage die Wohnungen zu rund 60 Prozent mit Energie und durch den Pufferspeicher oft bis nach Mitternacht mit Strom. Es werden keine Wärmepumpen, sondern Pellets verwendet. Mich selbst in meiner Mobilität netzdienlicher verhalten zu können, erfordert, dass Dienstwagenfahrer das Recht bekommen gegenüber ihrem Arbeitgeber die Privatabrechnung von Ladestrom durchzusetzen. Andererseits erfordert die Verkehrswende wohnortnahes Laden, das intelligent in den Nachtstunden oder in anderen „off Peak“ Stunden erfolgen kann. Beziehungsweise wenn die Sonne scheint und PV-Energie in Fülle zur Verfügung steht. Auch das öffentliche Abrechnungen ermöglicht werden, gegebenenfalls mit dem Verzicht auf Standzeitbegrenzungen. Solange eine öffentliche 11-kW-AC-Ladesäule ein Gewerbe erfordert und Gemeinden Ladeinfrastruktur nicht auf den in Stellplatzsatzungen geforderten Schlüssel anrechnen, wird dies nicht passieren.

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