Der Ausgang der Bundestagswahl erscheint aktuell so offen, wie lange nicht mehr. Es gibt viele wahlkampfbestimmende Themen, aber die Schwerpunkte werden bei den einzelnen Parteien unterschiedlich gelegt. Klimaschutz ist ein Thema, das vielen Menschen wichtig ist und die nächste Bundesregierung wird wichtige Entscheidungen treffen müssen. Wir haben uns für euch die Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien im Bezug auf CO2-Reduktion, Erneuerbare Energien, Verkehr und Elektromobilität genau angeschaut. Dazu haben wir die Standpunkte der Parteien aus ihren Wahlprogrammen übernommen und übersichtlich in drei verschiedenen Charts zusammengestellt. Wir laden unsere Leser darüber hinaus zur Teilnahme an einer Umfrage zur Wahl ein.
Partei-Positionen zur Dekarbonisierung
Als erstes werfen wir einen Blick auf die allgemeinen Maßnahmen zur langfristigen CO2-Reduktion, welche die Parteien in ihren Wahlprogrammen ankündigen. Grüne, SPD, CDU/CSU und FDP befürworten den Handel mit CO2-Zertifikaten, um den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid signifikant zu verteuern und so langfristig zu verringern. Betroffen sind vor allem fossile Energieträger wie Benzin und Diesel, aber auch Heizöl. Die Linke und die AFD sind gegen den Handel mit CO2-Zertifikaten. Darüber hinaus nennen die Grünen als einzige Partei einen konkreten Mindestpreis von 60€ pro Tonne ausgestoßenes CO2. Der aktuelle Preis liegt seit Januar dieses Jahres bei 25 € und soll bis 2025 schrittweise auf 55€ pro Tonne steigen.
Eines der bekanntesten Argumente gegen Elektroautos ist, dass die Fahrer von E-Autos mit einem Heiligenschein lokal emissionsfrei unterwegs sind, während sie sich den Akku mit schmutzigem Strom vollgeladen haben, der bei gleicher Fahrstrecke ähnlich viel oder sogar mehr CO2 verursacht als ein Benziner oder Diesel. Warum das Elektroauto bereits mit dem aktuellen Strommix kein Klimaschwein ist, haben wir bereits in diesem Artikel geklärt. Aber natürlich wäre ein schneller Ausstieg aus der Kohleverstromung wichtig, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht. Im letzten Jahr wurde beschlossen, dass Deutschland bis spätestens 2038 aus der Braunkohle-Verstromung aussteigen will.
Die Linke und die Grünen fordern in ihren Wahlprogrammen ein schnelleres Enddatum bis spätestens 2030. SPD und CDU wollen bis 2038 an der Kohle festhalten, um die sichere Stromversorgung des Landes und Arbeitsplätze zu sichern. Die FDP setzt auf den Emissionshandel und ist gegen jegliche Technologie-Vorgaben, also auch gegen ein verbindliches Enddatum für Kohleverstromung. Im Gegensatz zu allen Anderen lehnt die AFD den Ausstieg aus der Kohleverstromung komplett ab und verweist darauf, dass Deutschland die weltweit die saubersten und effizientesten Kohlekraftwerke hat. Die Grünen und die Linken streben ab 2035 eine emissionsfreie und damit gänzlich klimaneutrale Energiegewinnung an, während die anderen Parteien entweder ein späteres Datum für die Klimaneutralität festgelegt haben oder gar keinen konkreten Zeitpunkt nennen.
Partei-Positionen zur Verkehrswende
Was die Notwendigkeit einer nachhaltigen Verkehrswende angeht, sind sich fast alle Parteien einig. Bei den Details gibt es jedoch sehr unterschiedliche Ansichten und Pläne, wie und mit welcher Geschwindigkeit die CO2-Reduktion im Verkehrssektor in den nächsten Jahren umgesetzt werden soll. Ein in diesem Zusammenhang sehr wichtiges Thema, dass die Gesellschaft schon seit Jahren spaltet ist ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Einige sehen darin einen Eingriff in die Grundrechte, der ohnehin kaum Auswirkungen auf die Umwelt und Sicherheit habe. Andere hingegen halten das Tempolimit für notwendig, um den Verkehr in Deutschland sicherer und klimafreundlicher zu machen. Die Linke, Grüne und SPD fordern ein Tempolimit. Die CDU/CSU, FDP sowie AFD lehnen es ab. Der ADAC als Sprachrohr vieler deutscher Autofahrer hat aufgrund von Mitgliederbefragungen seine Ablehnung aufgegeben und verhält sich seit einiger Zeit neutral zu diesem Thema. Stand Mai sind 50% der ADAC-Mitglieder für ein Tempolimit und nur noch 45% dagegen.
Für eine nachhaltige Mobilitätswende braucht es nach Ansicht von Linke und Grüne insgesamt weniger Fahrzeuge auf den Straßen, insbesondere in den Städten, wo der Verkehrsraum knapp ist. Die beiden Parteien setzen sich daher für weniger Individualverkehr und mehr gemeinschaftlich genutzte Verkehrsmittel ein. In diesem Zusammenhang steht die zukunftsweisende aber sehr kontrovers diskutierte Thematik rund um das autonome Fahren. Insbesondere beim Zulassungsverfahren und bei den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es noch sehr viele offene Fragen und technische Herausforderungen. Die Grünen, CDU/CSU und FDP wollen die Entwicklung des autonomen Verkehrs vorantreiben und auch den rechtlichen Weg für eine Zulassung ebnen, während die anderen Parteien keine klare Position dazu einnehmen.
Werfen wir noch einen Blick auf den öffentlichen Personenverkehr. Hier herrscht bei allen Parteien Einigkeit darüber, dass der Schienenverkehr in Deutschland in naher Zukunft erheblich ausgebaut und modernisiert werden muss. Linke, SPD und Grüne fordern besonders für den ÖPNV starke Subventionen bis hin zu einer gänzlich kostenfreien Nutzung.
Partei-Positionen zu Elektroautos
Im nächsten Schritt wollen wir überprüfen, welche Pläne und konkreten Maßnahmen die Wahlprogramme für den Ausbau und die Förderung der Elektromobilität beinhalten. Bei den staatlichen Förderungen zur Anschaffung von elektrisch betriebenen PKW herrscht Uneinigkeit zwischen den Parteien. Die Grünen, SPD und CDU/CSU sehen diese Maßnahme als notwendig an, um den Anteil von Elektrofahrzeugen in Deutschland in den nächsten Jahren erheblich zu erhöhen. Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und möchten für Geringverdiener den staatlichen Anteil am Umweltbonus von 6.000 auf 9.000 Euro erhöhen. Die KFW soll zudem zinslose Kredite für den Umstieg bereitstellen.
Die Linke ist der Meinung, dass der Individualverkehr in den nächsten Jahren stark reduziert werden muss und setzt sich daher für einen umfangreichen Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs ein. Eine Kaufprämie für private PKW ist damit nicht vereinbar. Die FDP lehnt die Kaufprämie jedoch aus einem anderen Grund ab. Den Liberalen zufolge brauche es künftig keine kostspieligen Subventionen, da die technologische Entwicklung bereits dafür sorgen wird, dass mehr Elektroautos verkauft werden, da klassische Verbrenner zu unattraktiv und teuer werden. Die AFD lehnt die Förderung von Elektroautos generell ab.
Das Thema Ladeinfrastruktur ist in fast allen Wahlprogrammen der Parteien zu finden. Anscheinend ist man sich hier einig, dass ein Umstieg auf Elektromobilität nur mit einem lückenlosen und zuverlässig funktionierenden Ladeangebot möglich ist. Als einzige Partei fordern die Grünen, das Diesel-Privileg schrittweise zu verringern. Die steuerliche Subvention von Diesel im Vergleich zu Benzin macht ca. 17 Cent pro Liter aus. Der Staat verzichtet so auf ca 4 Mrd. Euro Steuereinnahmen.
Bei der Frage, ob ab 2030 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen, herrscht große Uneinigkeit. Die Grünen und die Linkspartei sehen dies als notwendig an, um die Klimaziele zu erreichen. Nach den Plänen der SPD sollen bis 2030 15 Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. CDU/CSU und FDP befürworten den Ausbau der Elektromobilität, wollen sich aber nicht auf einen zwingenden Verbrenner-Ausstieg festlegen. Dies sei ohnehin nicht notwendig, sobald sich Elektroautos flächendeckend etabliert haben. Die AFD sieht die Elektromobilität massentaugliche Mobilitätslösung anstelle des Verbrenners kritisch.
Kontrovers diskutiert wird auch die Entwicklung der klimafreundlicheren, synthetischen Kraftstoffe (E-Fuels) als Alternative zu den fossilen Kraftstoffen. Die CDU/CSU, FDP und AFD sehen darin tatsächlich eine Alternative für die rund 40 Millionen Verbrenner-Fahrzeuge in Deutschland, welche bisher mit fossilem Benzin und Diesel betankt werden. Die Grünen hingegen lehnen dies ab und verweisen darauf, dass die Verwendung solcher Kraftstoffe nicht Teil einer Verzögerungstaktik für den Klimaschutz sein darf, da die direkte Nutzung von Strom über Batterien oder Wärmepumpen deutlich effizienter und damit auch günstiger sei. Beim Thema Wasserstoff als Alternative zu den batterieelektrischen Antrieben spricht sich lediglich die FDP ausdrücklich für eine Weiterentwicklung und Nutzung im PKW-Bereich aus.
Dass eine klare Zuordnung von Positionen nicht immer einfach ist, zeigt das Regierungsprogramm der CDU/CSU: Dort heißt es beim Thema “Automobilstandort Deutschland sichern”: “Wir wollen, dass in Deutschland weiterhin die besten Autos der Welt produziert werden – und zwar mit allen Antriebsformen.” – und weiter: “Wir setzen dabei neben der Elektromobilität auch auf synthetische Kraftstoffe im Straßenverkehr und wollen sie – wie auch Wasserstoff – perspektivisch auch im Schwerlastverkehr einsetzen” Beim Treffen von Armin Laschet mit Elon Musk in Grünheide hatte sich Laschet vor Ort zunächst auch so positioniert, als er im Bezug auf “Cars” (und damit PKW und nicht etwa LKW), noch von einem Wissenschaftsstreit beim Einsatz von Elektro und Wasserstoff gesprochen hatte. Auf Twitter stellte er hinterher jedoch klar: “Bei PKW ist klar: Elektro!”. Da das Regierungsprogramm die Frage nicht eindeutig beantwortet, haben wir die nachträgliche Positionierung des Kandidaten herangezogen.
Andere Parteien kritisieren auch bei Wasserstoff den hohen Energieaufwand für Produktion und Speicherung. Im Gegensatz zu E-Fuels, die in bisherigen Verbrenner-PKW über das bestehende Tankstellennetz genutzt werden können, hat Wasserstoff noch keine flächendeckende Infrastuktur. Zudem ist die Zahl von Wasserstoffautos in Deutschland zumindest aktuell noch vernachlässigbar gering, während die Zahl batterieelektrischer Fahrzeuge zuletzt regelrecht explodiert ist.
Das sind die Kernpositionen der momentan im Bundestag vertretenen Parteien zum Thema Elektromobilität und Klimaschutz. Auch wenn noch lange nicht alles rund läuft beim Thema Elektromobilität, muss man klar anerkennen, dass das E-Auto gegen viele Widerstände Fahrt aufgenommen hat. Im August war jeder 7. Neuwagen 100% elektrisch. Wichtige Treiber waren dabei der Umweltbonus und seine Verdopplung durch die Innovationsprämie, die begünstigte Dienstwagenbesteuerung, die Möglichkeit zum steuerfreien Laden am Arbeitsplatz, das Schnell-Ladegesetz, die Ausschreibung zum Deutschlandnetz, die Wallbox-Förderung und das Gebäude-Infrastruktur-Gesetz.
Natürlich gibt es noch viele weitere wichtige Themen bei der Wahl. Für ein breiteres Meinungsbild empfehlen wir den Wahl-O-Mat. Dort kannst du zu 38 Fragen Deine persönliche Position angeben und erfährst, welche Partei Dir am nächsten steht. Schau dort gern vorbei, bevor du Deine Stimme abgibst. Noch besser ist aber eine eigene Recherche und Auseinandersetzung mit den Parteien und deren Wahlprogrammen.
Und jetzt wollen wir es von Dir wissen, wen du wählen wirst. Natürlich befinden wir uns hier in der nextmove Community tief in der Emobility-Blase. Aber wir finden die Frage gerade deswegen sehr spannend. Wir hoffen auf eine rege Wahlbeteiligung – also teilt den Artikel und das Video gerne! Unsere Wahlurne ist in den nächsten Tagen für Dich offen. Euer Wahlergebnis geben wir 2 Tage vor der Bundestagswahl am Freitag den 24. September pünktlich um 18 Uhr in den nextnews bekannt.
Hier geht es zur Wahlumfrage. Teile den Link gern mit anderen Menschen.