Stillstand bei VW
Der weltweite Chipmangel wird zunehmend zu einem größeren Problem für die Automobilindustrie. Immer häufiger müssen Autohersteller ihre Produktion teilweise erheblich drosseln, da die dringend benötigten Halbleiter fehlen. Schlagzeilen machte in Deutschland zuletzt Opel. Dort wurde im kompletten Werk in Eisenach für drei Monate eine Zwangspause eingelegt. Bei VW konnten dieses Jahr wegen dem Chipmangel ca. 600.000 Autos weniger gebaut werden als im Vorjahr. Betroffen waren bisher vor allem Verbrenner-Fahrzeuge aus dem Stammwerk in Wolfsburg.
Elektroautos waren bei VW bisher bei der Verteilung der knappen Ressourcen priorisiert, aber diese Woche musste auch das Werk in Zwickau pausieren. Von VW hieß es dazu: „Die anhaltend eingeschränkte Liefersituation bei Halbleitern sorgt weiter herstellerübergreifend für erhebliche Störungen in der weltweiten Fahrzeug-Produktion.” Und weiter: “Aufgrund von temporären Versorgungsengpässen kommt es vorübergehend auch in Zwickau und Dresden zu Anpassungen in den Produktionsabläufen. Die Fertigung in der MEB-Produktion wird deshalb (…) für vier Tage unterbrochen.”
Warum nur 4-Tage? In Sachsen war am Mittwoch Feiertag. Insofern hat sich genau diese Woche für eine kurze Pause angeboten, denn am Tag des Hochlaufes nach einer Pause werden immer weniger Autos gebaut als am Folgetag. VW hat für die Beschäftigten entsprechend Kurzarbeit beantragt. Nächste Woche geht es aber in Zwickau wieder los. Von Montag bis Freitag werden in Zwickau im 3-Schicht-System E-Autos gebaut. Neben ID.3&4 ebenfalls die beiden Audi Q4 e-tron Varianten und auch der Cupra Born kommt aus Zwickau. Im Schnitt werden derzeit ca. 1200 Autos täglich gebaut. Trotzdem sind die Lieferzeiten für alle Modelle aus Zwickau derzeit relativ lang und man würde wohl gerne mehr produzieren. Dazu hieß es: “Der Umbau des Standorts Zwickau wird zudem ohne Unterbrechung weiter fortgeführt.“ Im ersten Quartal will man in Zwickau die Marke von 1400 Autos pro Arbeitstag erreichen.
Auch die Tesla-Kunden bekommen den Chipmangel zu spüren. In den USA haben Kunden entdeckt, dass neue Model 3 teilweise ohne USB-Ladeanschlüsse und ohne induktives Laden ausgeliefert werden. Auf Nachfrage wurde den Kunden die fehlende Ausstattung bestätigt und eine Nachrüstung in Aussicht gestellt. Berichte über fehlende USB-Ports in Europa oder China gibt es bisher nicht. Grundsätzlich wäre so eine Auslieferung den meisten Kunden sicher lieber, als monatelang auf das Fahrzeug warten zu müssen. Aber eine Information seitens Tesla wäre dennoch zu erwarten.
Hoffnung für den Sion
Sono Motors erzielt einen Milliardenwert an der Nasdaq. Der Entwickler des Solarautos Sion hat am Mittwoch den Schritt an die Technologiebörse Nasdaq gewagt. 15% der Anteile wurden an die Börse gebracht, wodurch das Unternehmen voraussichtlich 135 Millionen Dollar einnehmen wird. Und diese Summe wird auch gebraucht. Im Börsenprospekt hatte das Unternehmen geschrieben, dass ohne diese Erlöse bereits im Dezember das Geld ausgehen würde. „Die Erlöse helfen uns, unser Fortbestehen zu sichern und helfen uns, zusätzliche Investitionen für die Serienproduktion zu tätigen“, sagte Laurin Hahn.
Der Sion soll im ersten Halbjahr 2023 ausgeliefert werden. 16.000 Vorbestellungen sollen vorliegen. Der Börsengang war ein voller Erfolg. Die Aktien wurden zu 15 Dollar platziert. Den ersten Handelstag beendete die Aktie mit 38,20 $, also einem Plus von 155%. Das Unternehmen wird demnach mit rund 2,6 Milliarden Dollar bewertet. Die Gründer Laurin Hahn und Jona Christians halten weiter die Mehrheit der Stimmrechte. Man sieht: Elektroauto-Aktien sind im Trend. Nach dem großen Erfolg von Tesla drängen auch einige andere Elektroauto-Unternehmen an die Börse.
Auch der Pickup-Hersteller Rivian ging vor einer Woche an die Börse und wird nun in etwa so bewertet wie Volkswagen. Und das, obwohl Rivian noch kein einziges Fahrzeug an Endkunden ausgeliefert hat, während VW 10 Mio Autos im Jahr verkauft. Aber an der Börse wird die Zukunft gehandelt und ganz offenbar werden Produktionskapazitäten für fossil betriebene Fahrzeuge von den Kapitalmärkten derzeit nicht honoriert. In jedem Strukturwandel kommt irgendwann der Punkt, an dem die Vermögenswerte der Vergangenheit zur erheblichen Verbindlichkeit der Zukunft werden. Viele traditionelle Autohersteller haben das erkannt und bereits Enddaten für den Verbrenner-Verkauf beschlossen und kommuniziert.
Team Japan will den Verbrenner retten
Toyota hat eine Allianz der Willigen gegründet, um den Verbrennungsmotor am Leben zu erhalten. Unter dem Namen „Team Japan“ will Toyota gemeinsam mit den Autoherstellern Subaru und Mazda, sowie den Motoradherstellern Kawasaki und Yamaha neue, umweltfreundlichere Kraftstoffoptionen für Verbrennungsmotoren erforschen. Ziel ist es den Verbrennungsmotor auf dem Weg zur Kohlenstoff Neutralität am Leben zu erhalten, obwohl weite teile des Wettbewerbs in Zukunft auf den batterieelektrischen Antrieb für den Pkw setzen. Die noch in der Entwicklung befindlichen Technologien sollen im Rahmen von Rennen und Motorsportveranstaltungen getestet werden. Wie in den guten alten Tagen soll der Wettbewerb im Rennsport die technologische Entwicklung beschleunigen.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten die 5 Unternehmen folgendes:
- Sie werden an Rennen teilnehmen, auf denen CO2-neutrale Brennstoffe verbrannt werden: Toyota und Subaru werden in den Langstrecken-Rennen der japanischen Super Taikyu Serie kooperieren und synthetische Kraftstoff aus Biomasse verwenden. Mazda und Toyota werden ebenfalls im Rennsport zusammenarbeiten und einen 1,5-Liter-Skyactiv-D-Motor einsetzen, der mit Biodiesel der nächsten Generation betrieben wird.
- Kawasaki und Yamaha wollen gemeinsam forschen und die Entwicklung von Wasserstoffmotoren für Motorräder prüfen.
- Alle Unternehmen wollen in Zukunft an Rennserien mit Wasserstoffmotoren teilnehmen.
Toyota tritt der Vorstellung entgegen, dass Elektrofahrzeuge die einzige Möglichkeit sind, Kohlenstoff Neutralität zu erreichen. Man ist der Ansicht, dass technologische Durchbrüche wie Wasserstoffmotoren dem Verbrennungsmotor zu neuem Leben verhelfen können – und damit sowohl Arbeitsplätze als auch die Umwelt retten. „Durch die Förderung der weiteren Zusammenarbeit bei der Herstellung, dem Transport und der Verwendung von Kraftstoffen in Kombination mit Verbrennungsmotoren wollen die fünf Unternehmen den Kunden eine größere Auswahl bieten“, so die Unternehmen in ihrer Mitteilung.
In einem Interview bezeichnete der Toyota-Chef Aiko Toyoda batterieelektrische Fahrzeuge als eine wirtschaftliche Bedrohung für Japan. Er verwies auf die 5,5 Millionen Arbeitsplätze in der der japanischen Automobilindustrie, die überwiegend auf den Verbrennungsmotor ausgerichtet sind. Der japanische Markt ist aber natürlich zu klein, um sich gegen den Trend zu setzen. Daran kann auch der größte Autohersteller der Welt nichts ändern. Grundsätzlich sollte man natürlich weiter an synthetischen Kraftstoffen forschen, denn sie werden in vielen Sektoren gebraucht. Bei Autos ist es aus unserer Sicht jedoch nur zielführend, wenn es darum geht den Fahrzeugbestand CO2-neutral zu machen. Für die Zukunft sind die genannten Alternativen zu energieintensiv und Ökostrom auf absehbare Zeit zu knapp, um ihn verlustreich für Individualmobilität zu verbrauchen. “Ökostrom ist das neue Öl”, so eine aktuelle Aussage von Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Ein wichtiger japanischer Hersteller fehlt übrigens im Team Japan: Nissan. Das Unternehmen hat mit dem Leaf bereits 2010 auf Elektromobilität gesetzt und war lange führend. Demnächst will Nissan mit dem Ariya an alte Markterfolge anknüpfen, denn zumindest in Europa ist der Leaf technisch nicht mehr zeitgemäß und trotz Größe und Komfort im Markt nur noch als Zweitwagen platzierbar.
Neues Förderprogramm für Ladestationen
Diese Woche startete ein neues Förderprogramm für “Nicht öffentlich zugängliche Ladestationen für Elektrofahrzeuge bei Unternehmen und Kommunen”. Konkret heißt es: “Die Ladeinfrastruktur muss sich an Stellplätzen auf Liegenschaften befinden, die zur gewerblichen und kommunalen Nutzung oder zum Abstellen von Fahrzeugen der Beschäftigten vorgesehen sind.” Möglich sind also zwei Zielgruppen: Flottenfahrzeuge und private Mitarbeiterfahrzeuge. “Der Zuschuss beträgt 70 Prozent der förderfähigen Ausgaben, maximal 900 € pro Ladepunkt. Es werden Ladepunkte mit einer Ladeleistung von bis zu 22 Kilowatt gefördert.”
Hersteller von Ladestationen können ihre Produkte aktuell bei der nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur für eine Teilnahme anmelden, damit Antragsteller dann in Kürze nachschlagen können, ob die angestrebten Ladestationen auch förderfähig sind. Grundsätzlich orientiert sich das Antragsverfahren am Förderprogramm für private Wallboxen. Zuerst muss der Antrag gestellt werden, dann hat man 12 Monate Zeit zur Umsetzung. Anträge können ab dem 23. November 2021 über das Förderportal der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt werden. Unternehmen können maximal 45.000€ beantragen, das entspricht 50 Ladepunkten. Für Kommunen gibt es keine Deckelung. Im Fördertopf sind diesmal 350 Mio Euro. Insofern sollte man zumindest mit der Antragstellung schnell sein. Obwohl Verkehrsminister Andreas Scheuer aktuell nur noch geschäftsführend im Amt ist, eröffnet er damit die nächste Stufe ein Jahr nach dem Start des Förderprogramms für Wallboxen an privaten Stellplätzen.
Was Andreas Scheuer kann, scheint sich Peter Altmaier nicht zu trauen. Denn zur konkreten Ausgestaltung des staatlichen Umweltbonus ab Januar gibt es nichts neues zu vermelden. Wir gehen davon aus, dass der im Juli unter den Ministerien zur Abstimmung verteilte Gesetzentwurf so nicht umgesetzt wird, sondern man auf die Meinungsbildung einer zukünftigen Regierung eingehen soll. Wir gehen zu 99% davon aus, dass wir – anders als vor einem Jahr vom Kabinett beschlossen – bis Januar kein neues Gesetz bekommen. Wir hoffen auf klare Aussagen im Koalitionsvertrag, damit Käufer noch dieses Jahr wissen, was sie zukünftig an Förderung erwarten können. Stand heute halbieren sich für Anträge ab dem 1. Januar die Fördersätze.
Ganz wichtig: Für alle 2021 zugelassenen Fahrzeuge unbedingt noch dieses Jahr den Antrag stellen, denn Stichtag ist das Datum der Antragstellung.
Und natürlich keinen Antrag vor Zulassung des Autos stellen!
Deutschlandnetz nimmt Fahrt auf
Ende August gab es aus dem Verkehrsministerium den Startschuss für das sogenannte Deutschlandnetz. Geplant sind 1000 neue Ladeparks, die ab dem Jahr 2023 in Betrieb gehen sollen. Schnelles Laden überall für bezahlbare 44cent/kWh. Und super kundenfreundlich und schön soll es auch noch werden. Kurz vor dem Start der finalen Ausschreibung gab es dann Ende September einen Brandbrief von 15 führenden Anbietern für schnelles Laden, die sich massiv und sehr deutlich gegen die Förderkriterien gerichtet hatten. Indirekt wurde sogar mit Klage gedroht. Mit dabei waren alle wichtigen Anbieter z.B. Ionity, EnBw und Tesla.
Auch das Bundeskartellamt hatte sich danach in seinem “Sachstandsbericht mit vorläufigen Erkenntnissen der Sektoruntersuchung zur Ladeinfrastruktur” kritisch zum gewählten Ansatz geäußert. Das Preismodell sei “nicht zielführend” und gefährde den Ausbau außerhalb der Ausschreibung. Trotzdem ging die Ausschreibung wie geplant Anfang Oktober an den Start und so wie es aussieht, wollen sich sehr viele Betreiber am Aufbau des Netzes beteiligen. Die Ausschreibung der Ladeparks erfolgte gebündelt in Regionallosen. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur teilte jetzt mit, dass für die 23 Lose rund 400 Teilnahmeanträge eingegangen sind. “Jedes der Lose trifft auf eine zweistellige Anzahl von Interessenten.” Man geht jetzt in die nächste Runde: “Diese Nachfrage und Dynamik nutzen wir im Wettbewerb um das wirtschaftlichste und benutzerfreundlichste Angebot.” Insgesamt müssen am Ende mindestens 8 verschiedene Anbieter bestimmt werden, denn eine Bedingung war, dass kein Betreiber mehr als 3 Lose gewinnen darf. Grundsätzlich liest sich die Mitteilung so, dass durchaus reges Interesse auf Betreiberseite zur Teilnahme besteht. Und wir vermuten, dass auch sehr viele Unterzeichner des Brandbriefs mit dabei sind.
Wie geht es jetzt weiter? Es handelt sich um ein mehrstufiges Verfahren und bis jetzt gibt es nur sog. “Teilnahmeanträge”. Diese werden jetzt geprüft und es erfolgt dann eine Aufforderung zur Abgabe von “Erstangeboten”. Danach folgt eine “Verhandlungsphase” und eine Aufforderung zur Abgabe von finalen Angeboten. Die Vergabe soll dann ca. ab Mitte kommenden Jahres stattfinden.
Neue Modelle bei Kia und Hyundai
Kia und Hyundai sind dieses Jahr mit sehr mutigen neuen Modellen, nämlich dem Hyundai IONIQ5 und dem KIA EV6, erfolgreich in den Markt gestartet. Diese Woche gab es einen Ausblick auf kommende Modelle in Form von Concept-Fahrzeugen, die auf der AutoMobility LA gezeigt werden. Beide Marken zeigen jeweils ein großes SUV. Bei Hyundai trägt das Konzept den Namen SEVEN. Die hinteren Türen öffnen gegenläufig, das Auto kommt also ohne B-Säule aus. 3,20m Radstand ermöglichen viel Platz im Innenraum. So richtig nach Auto soll das ganze nicht mehr aussehen: “Das aufgeräumte Cockpit und die integrierten Bildschirme unterstützen den Lounge-Charakter im Interieur ebenso wie die drehbaren Sessel und eine über Eck konstruierte, geschwungene Rückbank.”Die Reichweite soll bei 480km liegen und die Ladezeit beträgt ca. 20 min bis 80%. 2024 soll dann das Serienfahrzeug auf den kommen.
Kia präsentiert ein Concept namens EV9 mit bis zu 7 Sitzplätzen in 3 Reihen. Mit 4,93 ist das Fahrzeug 20cm länger als der EV6. Als Design-Feature gibt es eine versenkbare Dachreling um bei Nichtgebrauch den Luftwiderstand zu senken. Beide Fahrzeuge basieren auf der neuen 800Volt Konzern-Plattform e-GMP und sind ab heute bis zum 28. November in Los Angeles für die Öffentlichkeit zugänglich.