Anhänger-Check fürs E-Auto: VW ID.4 Reichweite & Markt-Überblick zu E-Autos mit AHK

Reichweitenkiller E-Auto mit Anhänger

In den vergangenen Jahren mussten E-Auto-Kunden bei einer Kaufentscheidung das Kriterium Anhängerkupplung aussparen, da kaum Modelle mit eingetragener Zuglast am Markt verfügbar waren. Seit 2020 ändert sich das Zug um Zug, aber ganz einfach ist es noch nicht. Im folgenden Blogbeitrag zeigen wir, was schon alles möglich ist, wo noch Probleme liegen, und machen zudem den ultimativen Praxistest. Dieser zeigt, wie sich verschiedene Anhänger auf die Reichweite von E-Autos auswirken.

Wer darf denn nun alles einen Anhänger ziehen?

Wir haben für Euch eine Übersicht mit aktuellen Fahrzeugen zusammengestellt. Außerdem haben wir einige kommende Modelle wie IONIQ5, Mercedes EQA und Tesla Model Y mit den erwarteten Eckdaten mit aufgenommen. 

Wir haben die Fahrzeuge von oben nach unten nach Basis-Listenpreis sortiert. Weitere Angaben sind die Anhängelast und der Aufpreis für die Kupplung. Spitzenreiter ist das Tesla Model X mit 2.250kg anhängelast. Damit lassen sich auch größere Wohnwagen ziehen. Besonders auffällig ist die Quote an hochpreisigen Fahrzeugen aus dem SUV-Segment. Neben einigen Vans sind sonst nur der Polestar 2 und das Tesla Model 3 zu finden. Nur zwei Autos liegen unter 40.000€ Listenpreis, wobei der Einstiegspreis beim Skoda Enyaq eher theoretisch ist, weil wie Basis-Ausstattung quasi unkaufbar ist. 

Wenn wir 1500 kg als Schwelle für das Ziehen von leichten Wohnwagen ansetzen, dann kommen ca. sieben Modelle in Frage, von denen derzeit nur 5 am Markt verfügbar sind.

Gibt es Alternativen für andere Fahrzeuge? 

Ja, gibt es, aber nicht viele. Neben dem Tesla Model S gibt es eine AHK-Nachrüstung von Drittanbietern noch für Renault Zoe, soweit bekannt für alle Modellvarianten von 2013 bis heute. Es handelt sich jeweils um fahrzeugspezifische Lösungen mit eigener Zulassung. In beiden Fällen wurde die AHK aber jeweils ohne den Segen der Hersteller entwickelt. Es bestehen gewisse Restrisiken für Streitfälle bei garantie-relevanten Defekten. Das Recht ist sicher in den meisten Fällen auf der Seite der Kunden, aber Recht haben und Recht bekommen ist ja leider nicht immer das Gleiche.

AHK Anbieter für Elektroautos zum nachrüsten - Tesla Renault VW

Darüber hinaus gibt es noch weitere Angebote für den Kupplungsantrieb ausschließlich als Lastträger, z.B. für den Transport von Fahrrädern. Diese haben wir in den Zusammenstellungen nicht berücksichtigt.

Wie sind die Testergebnisse?

Getestet wurden zwei ähnliche Anhänger, die sich im wesentlichen in der Höhe des Spriegelaufbaus unterscheiden. Das Zugfahrzeug war ein VW ID.4 1st Max. Ein Anhänger war flach und ein Anhänger hoch aufgebaut und den ID.4 überragend. 

Spezifikationen des Anhängers: 750 kg zul. Gesamtgewicht (im Test auf ca. 450kg beladen), 250x120cm Ladefläche, ungebremst, auf 80 km/h limitiert.

Gefahren wurden mit beiden Aufbauten  nacheinander je eine Testrunde von knapp 94 km auf der Autobahn rund um Leipzig bei nasser Straße und winterlichen Witterungsbedingungen mit jeweils 80 km/h. Als Referenz diente eine Normalfahrt über die gleiche Distanz ohne Anhänger bei maximal. 120 km/h, im Schnitt wurden 107 km/h erreicht.

Der flache Anhänger rollt im Windschatten des ID.4 und erhöht den Luftwiderstand kaum. Was bedeutet das für die Reichweite? Die Autobahnreichweite wird mit einem flachen Anhänger gegenüber der Fahrt ohne Anhänger nicht reduziert, sondern steigt sogar. Das lag natürlich am Speed. Der Luftwiderstand steigt mit der Geschwindigkeit nicht linear, sondern im Quadrat. Im Resultat verbraucht das Gespann bei 80 km/h ca. 9% weniger als der ID.4 allein bei 120 km/h. 

Reichweitenvergleich VW ID.4 Anhängerbetrieb

Die resultierenden Autobahnreichweiten für den ID.4 liegen im Winter also bei 310 bzw. 340 km Testfahrt im Januar 2021, 0-3°C, leicht windig, Straße nass, VW ID.4 1st Max 77 kWh 150 kW, 19 Zoll Winterräder, Heizung 21 °C, Anhänger WM Meyer: 1-achsig, ungebremst, 80 km/h-Zulassung, 750 kg zul. Gg., Ladefläche 250x125cm, ca. 200 kg Zuladung, flache Plane und Spiegelaufbau, Gesamtreichweite geschätzt auf Basis 75 kWh Entnahme bis Anzeige 0 km

Im Stadtverkehr, könnte sich ein anderes Bild ergeben, da der Luftwiderstand nahezu egal ist, sich aber die Masse stärker auswirkt – auch wenn das E-Auto dank Rekuperation viel Energie zurückgewinnt. Aber auf der Autobahn dominiert der Luftwiderstand. Das zeigt sich im Test mit der hohen Plane – denn ihr ahnt es schon, das sieht nicht sehr windschlüpfrig aus. Der ID.4 hat einen Strömungswiderstandsbeiwert – kurz CW-Wert – von 0,28. Das ist jetzt nicht atemberaubend niedrig für ein Elektro-SUV – aber immer noch besser als beim Tiguan mit seinen 0,32.

Aber die Plane steht natürlich wie eine Wand im Fahrtwind und ruiniert erstens den cW-Wert und vergrößert zweitens die Stirnfläche. Dies zeigen die Schnee-Ablagerungen auf dem Foto mit Anhänger. Diese weiße Fläche ist Schuld, dass der ID.4 deutlich mehr Energie aufwenden muss, um den Anhänger zu ziehen und die Geschwindigkeit zu halten. Der Motor zieht bei 80 km/h sage und schreibe 37% mehr Energie aus dem Akku, als bei der Fahrt mit flacher Plane. Und das lässt die Reichweite von 340 km auf 250 km kollabieren.

Was heißt das jetzt für Elektroautos als Zugmaschinen und für wen sind sie geeignet?

Wer häufig lange Strecken mit einem großen Anhänger, Pferdeanhänger oder einem Wohnwagen fahren will, für den ist ein Elektroauto derzeit vermutlich derzeit ein zu großer Kompromiss. In der Oberklasse kann man von Reichweiten mit großen Anhängern im Bereich 200-250km ausgehen. Natürlich gibt es Menschen, die auch heute vollkommen entspannt alle 2-3 Stunden eine Pause einlegen. Aber das dürfte für die große Mehrheit derzeit keine Option sein – muss es ja auch nicht.  Die Anhängelasten werden mit jeder Fahrzeuggeneration weiter steigen. Aktuell ist das Model X Spitzenreiter mit  2.250kg Anhängelasten.

Tesla mit Anhänger nextmove

Aber da soll ja noch der Tesla Cybertruck mit 6,3 Tonnen Zuglast kommen. Ob der Pickup-Truck auch nach Europa kommt, wissen wir noch nicht.  So oder so werden andere Hersteller mal wieder nachziehen müssen.

Oft noch unpassend ist die Anordnung der Ladestationen für Gespanne. Mancherorts gibt es aber schon gute Lösungen, an denen für Gespanne 3 Wünsche erfüllt werden: Nicht rückwärts rangieren müssen, nicht abkuppeln müssen und keine anderen Ladestationen blockieren, so zum Beispiel auch an den Fastned-Stationen im neuen Ladepark am Kreuz Hilden.

Und wer einen Anhänger nur ganz selten braucht, der findet bestimmt noch lange einen Bekannten mit einer Zugmaschine und fossile Autovermietungen gibt es ja schließlich auch noch. Für diese wenigen Stunden im Jahr würde ich zumindest, nicht auf die vielen Vorteile des Elektroautos verzichten wollen.

Tesla mit AHK Anhängerkupplung von oben

Ich selbst bin mit dem Anhänger aus dem Video früher zu fossilen Zeiten schon mehrfach Touren über 400km gefahren und unser Video hat gezeigt, dass sowas mit etwas mehr Zeitaufwand möglich ist. Auch im gewerblichen Bereich könnte dieses Einsatzprofil interessant sein.

Wer den Anhänger aber auf Strecken bis maximal 150 km braucht, z.B. für die Fahrt zum Baumarkt oder um Grünschnitt zu entsorgen für den ist die Reichweite eigentlich egal – Hauptsache das Lieblings-E-Auto darf auch was ziehen!

Wir würden uns wünschen, dass mehr Hersteller und vor allem auch im Segment Kompaktklasse eine AHK für E-Autos anbieten. Viele Nutzer würden sich auch mit Zuglasten von 500-750kg begnügen und eine Leistungsdrosselung im Anhängerbetrieb wäre sicher zumutbar. 

Wir bedanken uns für die Bereitstellung von Bildern bei unseren Zuschauern Nicole, Miguel, Steven und Stefan.

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