Innovativer neuer Stromtarif: es winken Preisvorteile für Kunden

Ähnlich wie bei Lebensmittel-Apps, die Produkte, die sonst weggeschmissen würden, billiger an Kunden verkaufen, gibt es jetzt auch einen Stromtarif. Dieser richtet sich an Kunden, die ihr E-Auto regelmäßig an der heimischen Wallbox laden. Das ist auch die am häufigsten genutzte Form, um das Auto zu laden. Das zeigen auch die Zahlen einer aktuellen Umfrage von Uscale. 79 Prozent der Befragten haben Zugriff auf eine Wallbox und 73 Prozent nutzen diese auch überwiegend zum Laden. Im Kern geht es bei dem neuen Stromtarif darum, Angebot und Nachfrage besser auszugleichen und die Nutzung erneuerbarer Energien zu steigern. Im ersten Halbjahr 2023 stieg der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland über die Monate gemittelt auf 58 Prozent. Im noch laufenden Monat Oktober liegt der Anteil sogar schon bei 65 Prozent. Eigentlich könnte der Anteil aber noch viel mehr sein. Erneuerbare Energien sind bekanntlich einer gewissen Volatilität in der Erzeugung unterworfen. Es braucht also leistungsfähigere Netze und steuerbare Verbraucher. Wenn beides fehlt, bleibt nur die Abschaltung.

Von 2021 zu 2022 stieg der Umfang der Abschaltung von Erzeugungsanlagen in Deutschland von 5,8 Milliarden kWh auf 8 Milliarden kWh. Das entspricht 3,1 Prozent von erneuerbaren Energien erzeugten Stroms. Windanlagen sind zu 92 Prozent betroffen. Die daraus resultierenden Entschädigungszahlungen betrugen allein im letzten Jahr rund 900 Millionen Euro. Diese werden über die Netzentgelte auf die Endverbraucher, also unser aller Stromkosten, umgelegt.

Diese „weggeworfene“ Menge an Strom würde genügen, um alle elektrischen Pkw im deutschen Bestand im Jahresverlauf mit Strom für jeweils rund 33.000 km zu versorgen. In der Praxis steht dem noch einige Hindernisse im Weg, wie beispielsweise natürlich pauschale Kosten wie Netzentgelte oder der Ausbau der Netze. Aber Wirtschaft und Politik gehen in diese Richtung. Deutschland soll im Bereich der Stromversorgung digitaler und flexibler werden. Entsprechende Gesetze hat die Regierung nun auf den Weg gebracht. Es gibt außerdem immer mehr Stromanbieter, die flexible Tarife anbieten, die sich meist direkt am Börsenstrompreis orientieren. Das bedeutet, dass die Preise stündlich variieren und die Preisauskunft es jeweils am Nachmittag des Vortages gibt. Bei Tarifen mit flexibler Preisgestaltung, muss der Kunde selbst eine Routine entwickelt, wann es sinnvoll ist zu laden. Diesen Schritt wagen aktuell noch nicht viele Kunden. Fragt man aber aktuelle Nutzer von E-Autos, empfinden immerhin fast die Hälfte variable Stromtarife als sinnvoll. 29 Prozent der Befragten fordern. „Tarife müssen einfach und einheitlich sein“. Der Bundesverband Verbraucherzentrale berichtet in einer aktuellen Studie sogar von einer gestiegenen Ablehnung gegenüber dem Vorjahr im Bezug auf dynamische Stromtarife.

The Mobility House aus München startete 2009 das Unternehmen als online-Shop für Wallboxen. In den vergangenen Jahren engagierte man sich zunehmend auch im Energiemarkt. So betreibt man bereits seit 2016 in Kooperation mit Partner mehrere Batteriekraftwerke mit ausgedienten Second-Life-Batterien von E-Autos. Vor einem Jahr erfolgte dann offiziell die Anbindung an die Europäische Strombörse. „Das Unternehmen handelt dort die Flexibilitäten von 4.500 Elektroautobatterien“. Und diese sind mobile Batterien. Mitte Oktober erfolgte dann ein Launch des passenden Stromtarifs, der eine bessere Einbindung der E-Autos der Kunden beinhaltet. Das System wurde auch schon getestet. Es gab einen internen Testlauf über acht Monate mit über 100 Testkunden. Inzwischen ist es offen für alle, sofern die Voraussetzungen erfüllt werden. Neu an diesem Tarif ist, dass es für den Kunden preislich nur nach unten gehen kann. Es birgt also nicht das Risiko draufzahlen zu müssen. Aktuell winken 10 Cent Rabatt für jede netzdienlich geladene kWh.

 

So funktioniert der Tarif!

Screenshot eyond-Webseite

Das passende Produkt dafür nennt sich „eyond“. Zunächst benötigt man einen Stromtarif mit Mobility House. Die Preise sind regional gestaffelt und können online überprüft werden. Aktuell arbeiten sie bereits mit den Preisen für 2024. Daher gibt es auch eine zwölf-monatige-Preisgarantie. Neben dem Tarif benötigt man noch die eyond-App. In dieser muss man den Stromtarif mit dem App-Zugang des Fahrzeugs verknüpfen. Vorteil dessen ist, dass keine Hardware-Anpassungen erforderlich sind. Das bedeutet, dass nichts neu verkabelt werden muss und auch eine beliebige Wallbox weitergenutzt werden kann. Es gibt aber auch einen Nachteil. Bisher sind nicht alle Fahrzeuge in das Angebot eingebunden. Der Tarif ist aktuell mit rund 90 Modellen nutzbar von zwölf Marken. Unteranderem auch Tesla, BMW und Marken des VW-Konzerns. Ob das eigene Auto kompatibel ist, kann in der eyond-App oder auf der Webseite überprüft werden. Um sich den Ladebonus zu verdienen, steckt man einfach wie sonst auch, das Auto an die Wallbox. In der App stellt man anschließend ein, um welche Uhrzeit, welcher Ladestand erreicht werden soll. Beispielsweise morgen früh um 7:00 Uhr auf 80 Prozent laden. Das Zeitfenster zwischen Kabel einstecken und definiertem Ladeende, muss also größer sein als die eigentliche Ladezeit. Der Ladevorgang selbst wird dann von der eyond-App gesteuert, also Mobility House. Sie agieren an mehreren verschiedenen Energiemärkten, um die Potentiale voll auszuschöpfen und zukünftig eventuell noch höhere Prämien anzubieten. Die Erfassung und Abrechnung der tatsächlich realisierten Netzdienlichkeit erfolgt dann über sogenannte „FlexCoins“. Die haben aktuell einen Gegenwert von 10 Cent und werden monatlich rückvergütet. Bei einem normalen Nutzungsverhalten ist eine Kosteneinsparung von rund 30 Prozent für den Strom des E-Autos möglich. Und das ohne als Kunde Einschränkungen oder finanzielle Risiken in Kauf nehmen zu müssen. Alternativ kann auch per App in den sofort-Laden-Modus geschalten werden oder tagsüber die eigene Photovoltaikanlage priorisiert werden. Für die Personen, die kein kompatibles Fahrzeug haben, könnte in ein paar Monaten die Lösung kommen. Mobility House möchte den Tarif auch über kompatible Wallboxen anbieten.

Screenshot AGB eyond

Auf der Suche nach einem Haken in den AGB sind zwei Dinge aufgefallen. Zum einen stellt sich die Frage nach welchen Kriterien gewertet wird, ob eine geladene kWh netzdienlich war. Und dementsprechend, ob man die 10 Cent gutgeschrieben bekommt. In den AGB ist geschrieben: „Die Anzahl an Bonuspunkten ermitteln wird automatisch über einen Algorithmus. Längere Ansteckzeiten in Verbindung mit größerem Ladeenergiemengen werden dabei mit mehr Bonuspunkten belohnt. Die genaue Funktionsweise des Mechanismus wird dir in der App erklärt. Wir behalten uns vor, Sonderaktionen durchzuführen (z.B. heute für doppelte Anzahl FlexCoins laden), über die wir dich in der App informieren“. Die Berechnung der FlexCoins ist aber nicht der KI des Anbieters ausgesetzt, sondern es gibt einen verbindlichen Schlüssel zur Ermittlung. Grundlage ist natürlich zunächst die Freigabe zum Smart Charging in der App, verbunden mit einem ausreichend großem Zeitfenster über die Ladezeit hinaus bis zum Zielwert (SOC/Zeit). Pro geladene kWh muss zusätzlich 15 Minuten Pause ermöglicht werden. Beispielsweise möchte man ein Tesla Model 3/Y Standard Range von 20 Prozent auf 80 Prozent über Nacht laden. Dafür werden rund 36 kWh benötigt und das dauert circa vier Stunden reine Ladezeit an der Wallbox. Pro kWh muss ein zusätzliches Zeitfenster von 15 Minuten mit einberechnet werden, das sind in Summe neun Stunden. Wenn ich das Auto um 18:00 Uhr anstecke und in der App eine gewünschte Abfahrt von 07:00 Uhr vorgebe, wäre das Kriterium voll erfüllt und die Gutschrift beläuft sind auf 3,60 Euro für diesen Ladevorgang.

Mobility House geht aber auch in Vorleistung. Man kann die App auch testweise nutzen und vorab schauen, was an Bonus im Alltag anfällt und dass ohne einen Stromtarif abgeschlossen zu haben. Der zweite Punkt ist, dass theoretisch keine spezielle Hardware erforderlich wäre. Man benötigt allerdings einen Smart Meter, also den passenden Stromzähler. Ein digitaler Stromzähler allein reicht nicht aus. Er muss auch eine Kommunikationseinheit besitzen, also digital und vernetzt sein. So etwas kostet ein bisschen was. Die Kosten liegen mit Einbau im Bereich von 300 Euro. Mobility House möchte diese Kosten allerdings für die ersten Kunden übernehmen. Stand Donnerstag war diese Aktion noch aktiv.

Den Link zum Angebot findet ihr hier.

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